Papst Benedikt XVI. hat heute die bisher politischste Ansprache seit seinem Amtsantritt
im vergangenen April gehalten. Bei der Neujahrsaudienz für die beim Heiligen Stuhl
akkreditierten Diplomaten mahnte er zu verstärktem Einsatz für den Frieden. Vor dem
Hintergrund der Lage im Nahen Osten sagte er:
„Der israelische
Staat muss dort nach den Regeln des Völkerrechts friedlich existieren können. Das
palästinensische Volk muss dort ebenfalls seine demokratischen Institutionen für eine
freie Zukunft entwickeln können“ Besonders besorgt äußerte Benedikt sich über den
internationalen Terrorismus, der sich mittlerweile weltweit ausgebreitet habe. „Der
Terrorismus richtet sich ohne Unterscheidung gegen unschuldige Menschen und versetzt
ganze Völker durch Erpressung in Panik, um die politisch Verantwortlichen zur Erfüllung
ihrer Ziele zu zwingen. Nichts kann diese kriminelle Aktivität rechtfertigen, die
um so verurteilenswerter ist, als dass sie sich hinter dem Schutzschild der Religion
verbirgt. Dabei erniedrigt sie die Wahrheit Gottes auf das Niveau ihrer eigenen Blindheit
und Perversion.“ Um einen Zusammenstoß der Kulturen zu vermeiden, müssten die europäische
und die arabische Kultur einander wieder wie in der Vergangenheit durch gegenseitigen
Austausch bereichern, forderte der Papst: „Deshalb müssen heute vor allem die Hindernisse
abgeschafft werden, die den Zugang der Presse und der modernen Kommunikationsmitteln
zu Informationen verhindern, und es muss der Austausch zwischen den humanistischen
Disziplinen der Universitäten der verschiedenen Kulturregionen gefördert werden.“ Besonderes
Interesse widmete Benedikt bei seiner Begegnung mit den Diplomaten neueren Entwicklungen
des internationalen Rechts, die seinen Worten zufolge zunehmend Wert auf den Schutz
der individuellen Freiheit nicht nur auf internationaler Ebene legen. „Denn im Schutz
der Menschenrechte kommt den Rechten und der Freiheit im Innern eines jeden Staates
eine Vorrangstellung zu, sowohl im öffentlichen wie im privaten Leben, in den wirtschaftlichen
wie in den politischen, kulturellen und religiösen Beziehungen.“ Die Religionsfreiheit
sei in zahlreichen Ländern aber bedroht, beklagte der Papst, auch in solchen mit Jahrhunderte
alter Kultur. Der Heilige Stuhl fordere Religionsfreiheit nicht nur für die katholische
Kirche weltweit, sondern für alle Gläubigen. Neben Freiheit nannte Benedikt Wahrheit
als einen Grundpfeiler auf dem Weg zum Frieden. Konfliktpartner müssten deshalb auch
eigene Fehler eingestehen. Für die den Papst bedeutet das konkret: „Die katholische
Kirche verurteilt Fehler, die ein Teil ihrer Mitglieder und ihrer Institutionen in
der Vergangenheit begingen. Sie hat nicht gezögert, dafür um Vergebung zu bitten.
Das erfordert der Einsatz für die Wahrheit.“ (rv 09.01.06 bg)