2005-12-31 15:02:18

Österreich: Kapellari zur Ratspräsidentschaft


Österreich begeht mit dem morgigen 1. Jänner nicht nur den Weltfriedenstag und das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker - es übernimmt auch seine zweite EU-Ratspräsidentschaft. Die Kirche muss diesen Vorgang kritisch begleiten, sagte uns Österreichs EU-Bischof Egon Kapellari. Dabei sei die Alpenrepublik bei manchen strittigen Themen wie Einwanderungspolitik und Gentechnik besser dran als andere EU-Staaten.

"Wir sind sensibel in der Bevölkerung gegen eine Doktrin von zu offenen Grenzen. Österreich hat sehr viele Menschen aus anderen Ländern aufgenommen, seit Kriegsende, und in aller Regel freundlich - hat aber jetzt Angst bekommen vor zu offenen Grenzen und angeblich und wirklich davon ausgelöster Arbeitslosigkeit. Man muss von seiten der EU und der Regierung Vorhaben bezüglich Einwanderung genauer klären, um einen Bürgerkonsens zu erreichen."

Die meisten der Themen, über die Europa im nächsten Halbjahr streiten wird, stehen bereits fest. Eines von ihnen ist das nächste Forschungs-Rahmenprogramm. Dabei geht es etwa um die Finanzierung von ethisch umstrittenen Wissenschaftszweigen wie die Forschung an embryonalen Stammzellen. Bischof Kapellari warnt vor einer Aufwichung moralischer Grundstandards.

"Man muss das befürchten, wenn man die bisherige Geschichte anschaut, wie sie vor allem in England un anderen westlichen Staaten betrieben wurde. Bisher hat Österreich einen Damm gebaut gegen diese Grenzüberschreitungen, aber Österreich war eines von wenigen Ländern, die das gemacht haben. Ich hoffe, die Rahmengesetzgebung wird uns nicht dazu zwingen, diesen Damm abzubauen. Die öffentliche Meinung ist sicher nicht für eine Öffnung von Grenzen, die wir halten wollen."

Zur Frage der EU-Erweiterung haben Österreichs Bischöfe keine gemeinsame Meinung. Der Salzburger Erzbischof Alois Kothgasser etwa befürwortet grundsätzlich einen Beitritt der Türkei - Bischof Kapellari ist da skeptischer.

"Österreich ist sehr freundlich zu Kroatien. Zur Türkei haben wir sehr gute Beziehungen, aber die Bevölkerung will in größer Mehrheit keinen Vollbeitritt der Türkei zur europäischen Union - und ist damit eins mit der Bevölkerung der meisten EU-Staaten. Wenn die Regierung und die EU das nicht beachten, gibt es große Opposition in der Bevölkerung."

Der Vorsitzende der österreichischen Bischofskonferenz, Kardinal Christoph Schönborn von Wien, unterstrich die große Herausforderung für Österreich durch die EU-Präsidentschaft. Viele Menschen seien von der Entwicklung Europas enttäuscht und erwarteten sich nicht mehr allzu viel von diesem Friedensprojekt, so der Kardinal in seiner Fernsehansprache zum Jahreswechsel. Doch gerade Österreich habe in dieser Situation eine große Verantwortung als "Brückenland im Herzen Europas".
(rv/kap 31.12.05 gs)








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