Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller hat das Laienapostolat in seinem Bistum
neu geordnet. Gestern Nachmittag hat er die Regelungen vorgestellt, zum 1. Adventssonntag,
also dem Beginn des neuen Kirchjahres treten sie in Kraft. Diese Neuordnung ist bislang
einmalig in Deutschland: Die Pfarrgemeinderäte sollen demnach die "wichtigste Säule
der Teilnahme aller Gläubigen am Sendungsauftrag der Kirche" bilden, erklärte das
Bistum. Vorsitzender ist demnächst nicht mehr ein gewählter Laie, sondern der Pfarrer.
Nicht mehr geben wird es in Zukunft die gewählten Laiengremien auf überpfarrlicher
Ebene. Auf Dekanatsebene werden eigene Arbeitsgruppen projekt- und themenbezogen arbeiten.
Bischof Müller wörtlich: „Der Priester ist Hirte der Pfarrgemeinde. Daher war die
noch engere Verbindung des wichtigen Pfarrgemeinderates mit dem Priester notwendig.
Die Dekanatsräte brauchen nicht zu erörtern, was bereits von den Pfarrgemeinderäten
intensiv diskutiert worden ist. Daher werden wir auf dieser Ebene in Zukunft verstärkt
projekt- und themenbezogen, wie es teilweise schon geschieht, zusammenarbeiten."
Der
Diözesanrat wird aufgelöst bzw. in "zwei Diözesangremien, den Diözesanpastoralrat
und das Diözesankomitee", so Bischof Müller, übergeleitet. Dem neuen Pastoralrat werden
39 Personen angehören, zwei Drittel davon Laien. Der Bischof ernennt die Mitglieder
und gibt die Beratungsthemen vor. Bischof Müller: "Das Laienapostolat wird hier besonders
durch den überproportionalen Anteil der Laienvertreter gewürdigt. Im Diözesankomitee
können sich die kirchlichen Vereine und Verbände zusammenschließen, um noch schlagkräftiger
in die Gesellschaft hineinwirken zu können."
Die Neuordnung sei nach mehr als
30 Jahren aufgrund der pastoralen Praxis "vernünftig und sinnvoll“. Sie entspreche
dem II. Vaticanum und den neuen Dokumenten des Kirchlichen Lehramtes.
Stellungnahme
des Vorsitzenden der Freisinger Bischofskonferenz
Der Münchner Kardinal
Friedrich Wetter bedauerte unterdessen, dass Bischof Müller zu seinen Plänen vergangene
Woche bei der Herbstvollversammlung der Freisinger Bischofskonferenz "keine näheren
Angaben gemacht hat". Wetter betonte, zwar gebe es keine "Bischofsfront gegen den
Bischof von Regensburg". In einer heute verbreiteten Stellungnahme heißt es aber auch:
"Ebenso verwahrt Kardinal Wetter sich gegen den Versuch, ihn als ausdrücklichen Befürworter
für die im Alleingang vorgenommenen Veränderungen im Bistum Regensburg zu vereinnahmen.
Der Kardinal wird falsch interpretiert, wenn der Schluss gezogen wird, er halte den
jetzt in Regensburg vollzogenen Schritt für richtig." Schon im Vorfeld habe Wetter
den Bischof von Regensburg schriftlich darum gebeten, seine Neustrukturierung nicht
einseitig zu interpretieren und den Eindruck zu erwecken, als ob diejenigen, die an
den durch demokratische Wahlen legitimierten Katholikenräten festhielten, „traditionalistisch
an alten Strukturen“ klebten, während in Regensburg jetzt eine „Modernisierung der
Rätearbeit“ vorgenommen worden sei. "Gute und treue Katholiken, die hilfsbereit und
dienstbereit sind", dürften nicht demotiviert und in die Resignation gedrängt werden,
so Wetter wörtlich.
Stellungnahme des Zentralkomitees der deutschen
Katholiken (ZdK) Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) bezeichnet
die "Neuordnung des Laienapostolats im Bistum Regensburg" als Rechtsverletzung. Es
handle sich faktisch um die Abschaffung des Diözesanrates als eigenständigem Zusammenschluss
gewählter Vertreter der Räte und Organisationen katholischer Laien, erklärte ZdK-Präsident
Hans Joachim Meyer. Diözesanräte seien bewährte, rechtlich gesicherte Institute des
Laienapostolats, die auf der kanonisch anerkannten Koalitionsfreiheit der katholischen
Laien und dem ihnen garantierten Recht der freien Meinungsäußerung in politischen
und kirchlichen Angelegenheiten basierten. Die Neuordnung sei ohne triftige Gründe
und ohne Anhörung der betroffenen Gremien vorgenommen worden. Meyer wörtlich: "Die
unverzichtbare und strukturell gesicherte Zusammenarbeit von Klerikern, Ordensleuten
und Laien wird faktisch zerschlagen. Dass dies 40 Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen
Konzil und 30 Jahre nach der Gemeinsamen der Synode der Bistümer in der Bundesrepublik
Deutschland geschieht, ist kirchengeschichtlich und pastoral in Deutschland ohne Beispiel."
Klarstellung
des Diözesankomitees Paderborn Der Vorstand des Diözesankomitees Paderborn
reagierte "mit großer Verwunderung" auf die Vorstellung der "Neuordnung des Laienapostolates".
Dort wurde gesagt "Das `Paderborner Modell` haben wir an die Verhältnisse in unserem
Bistum angepasst“. Ein genauer Vergleich zeige jedoch, dass außer keine Parallele
mit dem „Paderborner Modell“ bestehe, so Barbara Funke und Hans-Georg Hunstig in einer
heute veröffentlichten Stellungnahme. In Paderborn sei das Diözesankomitee nicht lediglich
der „Zusammenschluss der Vereine und Verbände". Hier seien – wie bislang im Regensburger
Diözesanrat – auch die gewählten Vertreter der Dekanatsebene Mitglied. Wörtlich heißt
es: „Wir bieten den Verantwortlichen im Bistum Regensburg gerne ein Gespräch über
unsere Erfahrungen an fordern sie jedoch auf, einen Bezug auf ein ‚Paderborner Modell’
zu unterlassen.“
Reaktion des bisherigen Diözesanratsvorsitzenden Der
Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Regensburg, Fritz Wallner, kritisierte
die Neuordnung. Es sei einmalig in der jüngeren Geschichte des deutschen Katholizismus,
"dass solche Änderungen ohne Beteiligung, sogar ohne Anhörung der betroffenen Gremien
vorgenommen werden“, erklärte er gestern Abend in Regensburg.
Hintergrund: Zusammenschlüsse
gewählter Laien auf Diözesanebene gibt es bislang in jedem der 27 deutschen Bistümer
mit verschiedenen Titeln (Diözesanrat, Katholikenrat, Katholikenkomitee). Ausnahme
ist das Erzbistum Hamburg, hier sitzen jedoch von der mittleren Ebene gewählte Laien
im Diözesanpastoralrat. Diese Räte sollen die Anliegen der katholischen Laien in der
Öffentlichkeit und in der Kirche vertreten. Sie haben eigene Satzungen, die aber durch
den Bischof anerkannt werden müssen. Im Kirchlichen Gesetzbuch CIC werden sie nicht
erwähnt. Sie werden auf das Dekret über das Laienapostolat des II. Vatikanischen Konzils
zurückgeführt.
Im CIC dagegen ausdrücklich benannt: Die Diözesanpastoralräte
als Beratungsgremium des Bischofs. Sie können vom Bischof eingesetzt werden, er beruft
die Mitglieder – Laien, Priester und Ordensmitglieder, die Amtszeit endet mit der
Amtszeit eines Bischofs. In etwa zwei Dritteln der deutschen Bistümer existieren diese
Diözesanpastoralräte nach kanonischem Recht – zusätzlich zu den gewählten Laiengremien. Einen
Sonderweg beschreitet bislang bereits das Bistum Rottenburg Stuttgart:
Hier
ist der Diözesanrat die oberste Laien- und Priestervertretung in der Diözese. Er setzt
sich aber zusammen aus dem Priesterrat, dem Diözesanpastoralrat, dem Katholikenrat
und der Diözesansteuervertretung.