Österreichs Positionen bei der Frage der EU-Erweiterung sind im Vatikan auf großes
Interesse gestoßen. Das berichtete Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) nach seiner
Privataudienz bei Papst Benedikt XVI. und dem anschließenden Gespräch mit Kardinalstaatssekretär
Angelo Sodano heute im Vatikan. Österreich übernimmt mit Anfang nächsten Jahres die
EU-Ratspräsidentschaft. In der längeren Unterredung mit dem Papst sei besonders auch
der geplante EU-Beitritt der Türkei Thema gewesen. "Und zwar durchaus im Sinn
dessen, was breite Basis in ganz Europa ist, nämlich dass die Türkei mehrheitlich
kein europäisches Land ist, durchaus eine Option auf einen Beitritt hat, allerdings
noch einen weiten Weg zurücklegen muss, angefangen von der Akzeptanz der europäischen
Werte, die letztlich nur aus der gesamten Geschichte unseres Kontinentes verständlich
sind. Die Aufklärung ist ja beispielsweise nur in christlichen Gesellschaften möglich
geworden." Auch die "Aufnahmefähigkeit" der EU gerade in bezug auf die Türkei
habe bei dem Gespräch mit dem Papst eine Rolle gespielt, so Österreichs Bundeskanzler
weiter. Er, Schüssel, habe den Eindruck gehabt, "dass - das war vor allem bei Kardinalstaatssekretär
Angelo Sodano ein intensives Thema - dass die österreichische Position "Ja" zum Verhandlungsbeginn,
"Ja" darüber, dass über alle 35 Kapitel zwei Mal, am Beginn und am Ende, einstimmig
Konsens erzielt werden muss, und am Ende dann noch einstimmig ein Konsens über die
Aufnahmefähigkeit der Union erzielt werden muss", von Sodano geteilt werde.
Mit
Wolfgang Schüssel waren mehrere hochrangige Politiker seiner Partei nach Rom gereist:
Bildungsministerin Elisabeth Gehrer, Klubobmann Wilhelm Molterer und die scheidende
steirische Landeschefin Waltraud Klasnic. Auch die Präsidentin der Salzburger Festspiele,
Helga Rabl-Stadler, gehörte dem Gefolge an. Als Gastgeschenk überreichte Schüssel
dem Papst ein Faksimile des Mozart-Requiems. (rv 14.11.05 gs)