Radio Vatikan hat einen neuen Programmdirektor, einen neuen Chefredakteur also. Am
5. November ernannte Papst Benedikt XVI. Pater Federico Lombardi vom Programmdirektor
zum Generaldirektor. Ihm folgte P. Andiez Koprowski. Fast zwei Jahre lang war der
gebürtige Pole jetzt Vize-Chefredakteur. Gudrun Sailer hat mit unserem neuen Chef
gesprochen und ihn gefragt, welchen Weg er nun einschlagen wolle. "Die wichtigste
Sache: In diesen zwei Jahren habe ich gesehen, dass RV in den letzten 15 Jahren große
Entwicklungen und Änderungen durchgemacht hat – zum einen folgen sie Änderungen der
katholischen Kirche in der Welt, zum anderen sind es technologische Änderungen. Es
scheint mir also nicht der Moment, viel zu ändern, sondern zu helfen, diesen dynamischen
Weg weiter zu gehen. Während sich nun auf den anderen Kontinenten die Kirche stark
weiterentwickelt, bleibt sie in Europa statisch. Insofern ist unser Programm im Radio
sehr europa-zentriert. Das ist nicht böse Absicht, sondern die Folge historischer
Umstände. Hier müssen wir auf mehr Gleichgewicht achten."
Welche unserer Sprachprogramme
haben die meisten Hörer?
"Das ist schwer zu sagen. Normalerweise heißt es,
die englischsprachigen Programm seien die meistgehörten. Doch wir dürfen die beachtliche
Entwicklung beispielsweise unseres arabischen Programms nicht außer Acht lassen. Oder
die fünf Sprachen Indiens, Chinesisch, die Web-Seite auf japanisch. Und in den Sprachen
der kleineren Länder Mittel- und Südeuropas haben wir zwar nicht viele Hörer, aber
Radio Vatikan hat hier die Gelegenheit, in einem Augenblick gehört zu werden, in dem
ganze Völker gleichsam ihre Mentalität ändern, ihre kulturellen und religiösen Denkweisen."
Die
deutschsprachige Sektion – ist die noch wichtig?
"Nun ja, mit einem deutschen
Papst wird eure Fahne nicht untergehen...! Aber Spaß beiseite: Gerade in den Ländern
deutscher Sprache sieht sich das Christentum mit der Postmoderne konfrontiert. Mir
scheint, dass das Pontifikat Benedikt XVI. einiges dazu beitragen könnte, hier Vorurteile
abzubauen. Außerdem macht ihr in eurer Abteilung nicht nur Radio, sondern auch eine
Webseite und einen Newsletter, der an mehr als 5.000 Abonnenten geht. Wir können überprüfen,
wie viele Nutzer auf eure Webseite zugreifen, und das macht mir viel Hoffnung: Die
Informationen auf eurer Seite werden auch von anderen Medien wieder aufgegriffen.
Das zeigt ein wachsendes Interesse an kirchlichen Themen, auch von Menschen, die sich
nicht mit der Kirche identifizieren."
Viele unserer Sprachabteilungen sind
technisch auf dem neuesten Stand – nicht nur die deutschsprachige. Manche andere Sektionen
arbeiten aber noch mit mechanischen Schreibmaschinen...
"Das stimmt. Viele
Sprachabteilungen würden da gerne mehr machen. Wir haben personelle und technologische
Schwierigkeiten. Seit einem Jahr ist etwa unsere arabische Webseite zugänglich, und
unsere Meldungen werden manchmal auch von Al-Dschasira aufgegriffen! Auch die fünf
indischen Sprachen hätten gerne ihre Webseite. Doch unsere Informatiker sind Italiener:
Für sie ist es eine riesige Herausforderung, Webseiten mit diesen fremden Schriften
einzurichten. Sie sind mit Feuereifer bei der Sache, für arabisch, chinesisch und
japanisch gibt es die Webseiten schon. Es ist ein Prozess, der im Gang ist."
Das
Radio verschlingt ein Zehntel des Budgets des Heiligen Stuhles. Müssen wir Einschränkungen
fürchten?
"Das müssen wir realistisch sehen. Der Heilige Stuhl ist sehr interessiert
an den Aktivitäten von Radio Vatikan. Andererseits gibt es nicht zu leugnende wirtschaftliche
Limits – an sie müssen wir als Radio uns halten. Im übrigen sind diese Limits nicht
nur eine Last, sondern haben auch ihr Gutes: Wir wissen alle, dass die Gehälter, die
der Sender zahlt, nicht hoch sind. Zum Beispiel wollen viele Journalisten gerade aus
dem deutschen Sprachraum nicht zu Radio Vatikan, weil sie in ihrem Land bedeutend
besser verdienen. In anderen Worten, unsere Journalisten, Techniker undsoweiter sind
außerordentlich motiviert – nicht weil sie gut verdienen würden, sondern weil sie
wissen, dass das, was sie bei Radio Vatikan tun, einen Sinn hat."