Auch eine funktionierende Demokratie darf sich nicht von ihrem moralischen Fundament
lösen, sonst droht sie in eine Gesellschaft der Intoleranz umzukippen. Das meint Papst
Benedikt XVI. in einer Botschaft, die er Vatikan-Kardinal Walter Kasper zu einer Toleranz-Konferenz
nach Istanbul mitgibt. "Jedes Volk der Welt muß zu Frieden und Harmonie beitragen,
indem es sein geistlich-kulturelles Erbe und seine ethischen Werte in den Dienst der
ganzen Menschheitsfamilie stellt", mahnt Papst Benedikt. Im Herzen aller wirtschaftlichen,
sozialen oder kulturellen Entwicklung müsse immer der Respekt für das Leben und die
Würde jeder einzelnen menschlichen Person stehen. Mit einem Zitat aus einer Enzyklia
seines Vorgängers Johannes Paul schreibt Benedikt wörtlich: "Ohne ein objektives moralisches
Fundament kann auch eine Demokratie keinen stabilen Frieden garantieren." "In diesem
Sinn", so der Papst weiter, "untergräbt moralischer Relativismus das Funktionieren
der Demokratie - denn sie kann per se Toleranz und Respekt zwischen den Völkern nicht
hinreichend garantieren." Der Papst ruft deshalb zu einer "Erziehung in Wahrheit"
auf; gerade die monotheistischen Religionen sollten für Frieden und Toleranz zusammenarbeiten.
Diesem Ziel dient auch die interreligiöse Konferenz von Istanbul, an der von gestern
an bis morgen wichtige Vertreter von Christen- und Judentum sowie dem Islam teilnehmen.
Einen besonders "brüderlichen Gruß" läßt der Papst übrigens dem orthodoxen Ehrenoberhaupt,
Patriarch Bartholomaios, ausrichten - und dem US-Rabbiner Arthur Schneider. Beide
haben die Konferenz, die zweite ihrer Art, vorbereitet. (rv 08.11.05 sk)