Vatikan: Levada, Papst wollte schnelle und effiziente Nachfolge
Er ist Nachfolgervon Kardinal Ratzinger, dem jetzigen Papst - und zwar im Amt des
Präfekten der Glaubenskongregation. William Levada, bisher Erzbischof von San Francisco,
schlüpft also an der Piazza del Sant Ufficio in große Schuhe... Sein erstes Interview
hat der neue Glaubenshüter uns gegeben. Wir habe ihn gefragt, mit welchen Gefühlen
er an die Glaubenskongregation zurückkehrt, nachdem er früher da schon mal zwanzig
Jahre lang gearbeitet hatte.
"Das ist eine große Veränderung für jemanden,
der 20 Jahre lang als Kurienbeamter in der Abteilung für Glaubensdoktrin gearbeitet
hat, nun als Präfekt zurück zu kehren. Ich war damals immer froh, jemand anderen als
Leiter der Kongregation zu haben, und mir war nicht klar, was für vielfältige Verantwortungen
der Präfekt hat.“
Sie sind der erste US-Amerikaner in diesem Amt. Viele
waren von Ihrer Ernennung durch den Papst überrascht. Was steckt hinter Ihrer Ernennung?
"Meine
Deutung ist die: der Papst wollte dieses Amt mit jemandem besetzen, der eingearbeitet
ist, und es sollte wohl auch schnell gehen. Benedikt wusste: Bleibt die Glaubenskongregation
ohne Leiter, so kann das nicht im Sinn effizienter Arbeit sein, weil alle auf den
neuen Leiter warten. Ich war ja nun ein Mitglied der Kongregation und kannte die Arbeit.
Diese Erfahrung zählte für den Papst, das sagte er mir, als er mir mitteilte, ich
solle sein Nachfolger werden. Mir stockte der Atem! Ich antwortete, ich sei nicht
der richtige Mann für dieses Amt, doch er wandte ein, ich sei es sehr wohl.“
Was
könnten das denn beispielsweise für Gründe sein?
"Die Verantwortung,
mit Missbrauchsfällen durch Priester umzugehen, und die Explosion derartiger Anzeigen
in den letzten Jahren ließen den Papst vielleicht denken, dass es nicht schlecht wäre,
hier jemanden zur Seite zu haben, der Erfahrung auf dem Gebiet hat. Denn ich war zehn
Jahre lang Bischof einer Ortskirche, San Fransisco; und ich gehörte der gemischten
Kommission der amerikanischen Bischöfe an, deren Mitglieder gelegentlich in den Vatikan
reisten, um dort Strategien abzustimmen.“
Die US-Kirche hat vor ein
paar Jahren strenge Normen gegen sexuellen Mißbrauch durch Kirchenleute aufgestellt
- die wurden jetzt kürzlich erneuert. Klappt das System?
"Es ist ein
vielschichtiges Programm. Ein Teil davon beschäftigt sich mit den Priestern, die des
sexuellen Missbrauchs Minderjähriger schuldig geworden sind, und sei es auch in lange
zurückliegenden Fällen. Außerdem ist definiert, was ein Missbrauch überhaupt ist und
wie er gemeldet werden soll. Dies soll die Priester für das Thema sensibilisieren
und ihnen nicht nur klarmachen, dass sie die Vorwürfe zivilen und kirchlichen Autoritäten
melden müssen, sondern auch, auf welche Art das zu geschehen hat. Das Programm regelt
zudem, wie der Bischof mit Verdachtsfällen umgehen soll. So zum Beispiel muss er einen
Stab von Fachleuten an seiner Seite haben, die Gutachten über bestimmte Fälle erstellen
können."
Es heißt, in der westlichen Welt gebe es eine neue Spiritualität,
die aber nicht religiös, jedenfalls nicht kirchengebunden ist. Was sagen Sie dazu? „Betrachten
wir als Beispiel Halloween. Bei diesem Fest nehmen die Leute eine Spiritualität an,
deren Doktrin besagt, wir glauben an Hexen. Spiritualität ohne Doktrin ist gestaltlos,
sie kann jede Form annehmen, die ich will. Die Menschen wollen gerne ausbrechen aus
dem, was sie als Zwang und Grenzen der Religion empfinden. Daher sagen sie: ich bin
spirituell, aber nicht religiös. Doch tatsächlich ist echte Spiritualität ohne Religion
undenkbar – denn Religion sagt uns, wie wir unser Leben im Angesicht Gottes gestalten
sollen. Wir müssen Entscheidungen treffen, wenn wir an Gott glauben, wir müssen uns
fragen, was Gott von uns, seinen Geschöpfen, verlangt. So beinhaltet Religion immer
auch eine konkrete Herausforderung, die von unserer Beziehung mit Gott ausgeht.“