2005-11-07 12:24:38

Vatikan: Levada, Papst wollte schnelle und effiziente Nachfolge


Er ist Nachfolgervon Kardinal Ratzinger, dem jetzigen Papst - und zwar im Amt des Präfekten der Glaubenskongregation. William Levada, bisher Erzbischof von San Francisco, schlüpft also an der Piazza del Sant Ufficio in große Schuhe... Sein erstes Interview hat der neue Glaubenshüter uns gegeben. Wir habe ihn gefragt, mit welchen Gefühlen er an die Glaubenskongregation zurückkehrt, nachdem er früher da schon mal zwanzig Jahre lang gearbeitet hatte.


"Das ist eine große Veränderung für jemanden, der 20 Jahre lang als Kurienbeamter in der Abteilung für Glaubensdoktrin gearbeitet hat, nun als Präfekt zurück zu kehren. Ich war damals immer froh, jemand anderen als Leiter der Kongregation zu haben, und mir war nicht klar, was für vielfältige Verantwortungen der Präfekt hat.“


Sie sind der erste US-Amerikaner in diesem Amt. Viele waren von Ihrer Ernennung durch den Papst überrascht. Was steckt hinter Ihrer Ernennung?


"Meine Deutung ist die: der Papst wollte dieses Amt mit jemandem besetzen, der eingearbeitet ist, und es sollte wohl auch schnell gehen. Benedikt wusste: Bleibt die Glaubenskongregation ohne Leiter, so kann das nicht im Sinn effizienter Arbeit sein, weil alle auf den neuen Leiter warten. Ich war ja nun ein Mitglied der Kongregation und kannte die Arbeit. Diese Erfahrung zählte für den Papst, das sagte er mir, als er mir mitteilte, ich solle sein Nachfolger werden. Mir stockte der Atem! Ich antwortete, ich sei nicht der richtige Mann für dieses Amt, doch er wandte ein, ich sei es sehr wohl.“


Was könnten das denn beispielsweise für Gründe sein?


"Die Verantwortung, mit Missbrauchsfällen durch Priester umzugehen, und die Explosion derartiger Anzeigen in den letzten Jahren ließen den Papst vielleicht denken, dass es nicht schlecht wäre, hier jemanden zur Seite zu haben, der Erfahrung auf dem Gebiet hat. Denn ich war zehn Jahre lang Bischof einer Ortskirche, San Fransisco; und ich gehörte der gemischten Kommission der amerikanischen Bischöfe an, deren Mitglieder gelegentlich in den Vatikan reisten, um dort Strategien abzustimmen.“


Die US-Kirche hat vor ein paar Jahren strenge Normen gegen sexuellen Mißbrauch durch Kirchenleute aufgestellt - die wurden jetzt kürzlich erneuert. Klappt das System?


"Es ist ein vielschichtiges Programm. Ein Teil davon beschäftigt sich mit den Priestern, die des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger schuldig geworden sind, und sei es auch in lange zurückliegenden Fällen. Außerdem ist definiert, was ein Missbrauch überhaupt ist und wie er gemeldet werden soll. Dies soll die Priester für das Thema sensibilisieren und ihnen nicht nur klarmachen, dass sie die Vorwürfe zivilen und kirchlichen Autoritäten melden müssen, sondern auch, auf welche Art das zu geschehen hat. Das Programm regelt zudem, wie der Bischof mit Verdachtsfällen umgehen soll. So zum Beispiel muss er einen Stab von Fachleuten an seiner Seite haben, die Gutachten über bestimmte Fälle erstellen können."


Es heißt, in der westlichen Welt gebe es eine neue Spiritualität, die aber nicht religiös, jedenfalls nicht kirchengebunden ist. Was sagen Sie dazu?
 
„Betrachten wir als Beispiel Halloween. Bei diesem Fest nehmen die Leute eine Spiritualität an, deren Doktrin besagt, wir glauben an Hexen. Spiritualität ohne Doktrin ist gestaltlos, sie kann jede Form annehmen, die ich will. Die Menschen wollen gerne ausbrechen aus dem, was sie als Zwang und Grenzen der Religion empfinden. Daher sagen sie: ich bin spirituell, aber nicht religiös. Doch tatsächlich ist echte Spiritualität ohne Religion undenkbar – denn Religion sagt uns, wie wir unser Leben im Angesicht Gottes gestalten sollen. Wir müssen Entscheidungen treffen, wenn wir an Gott glauben, wir müssen uns fragen, was Gott von uns, seinen Geschöpfen, verlangt. So beinhaltet Religion immer auch eine konkrete Herausforderung, die von unserer Beziehung mit Gott ausgeht.“

 
(rv 06.11.05)







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