Ein Jahrestag heute droht angesichts der vielen Gedenken zum 60jährigen Kriegsende
etwas unterzugehen: Heute vor 60 Jahren, am 1. November 1945, starb in der Kapelle
des Münchener Hauptbahnhofs der Münchener "Männerapostel" Pater Rupert Mayer. Papst
Johannes Paul II. sprach den Jesuiten und Nazi-Gegner 1987 in München selig. Die letzten
Worte des Predigers waren "Der Herr, der Herr, der Herr".
Bekannt wurde
Pater Rupert Mayer vor allem wegen seiner unermüdlichen Sammlungen von Hilfen für
Menschen in Not in der bayerischen Landeshauptstadt. Schon während der Jahre des
ersten Weltkrieges und der Notzeit war er danach für arme und ratsuchende Menschen
aus allen Bevölkerungsgruppen eine Institution. Bis zu 70 Menschen suchten ihn jeden
Tag in seinem Zimmer im Komplex der Jesuitenkirche St. Michael im Zentrum Münchens
auf. Ob „arme Schlucker oder reiche Schwerenöter“, so ein Zeitzeuge, sie fanden einen
gesprächsbereiten, aufmerksam zuhörenden Partner. Der damals angesehenste und bekannteste
katholische Priester der bayerischen Landeshauptstadt handelte nach einem von ihm
selbst formulierten Leitsatz: „Alles Harte und Abstoßende in eine liebenswürdige Art
umzuformen, um die Menschen für Christus zu gewinnen und die Religion den Menschen
liebenswert zu machen“. Spendern, die ihm Geschenke brachten, sagte er: „Wenn Sie
mir etwas geben wollen, geben Sie mir’s für die Armen, da machen Sie mir die größte
Freude“. Skeptikern, die fragten, ob denn die geleistete Hilfe immer auch die Richtigen
erreiche, antwortete er: „Wer nicht angeschmiert wird, hat nie etwas Gutes getan“.
Seine Predigten gegen den Nationalsozialismus brachten ihm den Hass der Braunhemden
ein - und schließlich mehrere Haftstrafen, nach denen er immer wieder gegen Hitlers
Regime predigte, bis er sieben Monate im KZ Sachsenhausen in Isolierhaft gehalten
wurde. Von dort "verbannten" die Nazis ihn ins Kloster Ettal, das er erst 1945 wieder
verließ. Sein Grab in der Münchener Bürgersaalkirche ist auch heute noch das Ziel
unzähliger Beter. Pater Rupert Mayer sagte einmal: "Ein alter einbeiniger Jesuit lebt,
wenn es Gottes Wille ist, länger als eine 1000-jährige gottlose Diktatur." Sein Leben
hat es bewiesen. (rv 1. 11. 05 lw)