2005-10-06 14:43:03

Vatikan: Galen "mutigster Bischof des Jahrhunderts


Am Sonntag wird Kardinal Klemens August von Galen, Bischof von Münster, auf dem Petersplatz selig gesprochen. Warum er das verdient, erklärt Andrea Ambrosi – der römische Rechtsanwalt hat als Postulator in der Causa von Galen die Beweise gesammelt, die nun zur Seligsprechung führen.

„Obwohl er nicht selten explodierte – denn von Galen war ein temperamentvoller Mensch – so war er doch ein mutiger und in gewisser Weise ausgeglichener Prophet. Er war fähig, die Verbrechen der Nazis genauso zu denunzieren wie dann später die Übergriffe der Alliierten.“

Unter den deutschen Bischöfen galt von Galen anfangs als nicht weiter auffällig. Er kritisierte zwar Ungerechtigkeiten des Nazi-Regimes, aber in verhaltenen Tönen, sagt Ambrosi.

„Als er allerdings keine Antworten mehr auf seine Proteste erhielt, wendete sich für ihn das Blatt. Ab da nannte er die Verbrechen des Regimes beim Namen und forderte mit lauter Stimme Menschenrechte ein, die von den Nazis mit Füßen getreten wurden. Hervorzuheben sind seine drei berühmten Predigten vom Sommer 1941 in der Lambertikirche in Münster – diese haben Hitler in gewisser Weise zu einer Kursänderung bei der Konfiszierung von Klöstern, der Verfolgung von Ordensleuten und der systematischen Tötung von Geisteskranken gebracht.“

Die ihm ständig drohende Anklage wegen Hochverrats hätte das sichere Todesurteil für den Bischof bedeutet. Denn der Kontext, in dem von Galen agierte, war heikel.

„In Berlin hielt man den Münsteraner Bischof für einen der schärfsten Gegner des Hitler-Regimes.“

Von Galen lag die Menschenwürde am Herzen, das Recht auf das Leben, die persönliche Freiheit – auch die Freiheit der Religion; die Erziehung der Jugend und die Familie als überkommene Institution. Einige behaupten, die Sache der Juden habe von Galen NICHT interessiert. Das stimmt nicht, zitiert der Anwalt aus ihm vorliegenden Dokumenten.

„Ein Zeuge hat in dem Prozesses ausgesagt, dass er eines Tages als Gesandter von einigen Juden zu Von Galen geschickt wurde mit der Bitte, der Bischof möge öffentlich für die verfolgten Juden eintreten. Aus eigenen Stücken hätte Von Galen das sofort gemacht. Doch er sagte unserem Zeugen, dass die Juden damit möglicherweise keine Verbesserung ihrer Lage erreicht hätten, sondern im Gegenteil eine Verschlechterung. Daraufhin haben die Juden den Bischof – abermals durch denselben Boten – gebeten, von einer öffentlichen Parteinahme für sie abzusehen.“

Die Katholiken Münsters – übrigens auch die Nicht-Katholiken – hielten in schwierigen Situationen wie selbstverständlich zu ihrem Bischof. Sie wussten, dass der Oberhirte für seine Überzeugung notfalls auch sterben würde.

„Von Galen hat im historischen Gewissen Deutschlands einen einmaligen Platz. Sein großer Verdienst war es, die Gläubigen in seinem Bistum gegen die Infiltrierung des Nazi-Gedankenguts auf gewisse Weise immunisiert zu haben. Es ist nicht verfehlt, von Galen als einen der mutigsten Bischöfe des 20. Jahrhunderts zu bezeichnen. “
(rv 06.10.05 gs)








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