Der Kirchenkritiker Hans Küng beim Papst - das hat viele Beobachter erstaunt. Der
emeritierte Tübinger Dogmatiker Peter Hünermann kennt sowohl Hans Küng als auch Joseph
Ratzinger - Papst Benedikt XVI. - seit Jahrzehnten. Er sagte uns: "Ich weiß, dass
Hans Küng ihm nach der Wahl geschrieben und um ein Gespräch gebeten hat. Und ich hatte
bereits vor seiner Emeritierung den Eindruck, dass Hans Küng sehr daran interessiert
war, eine ausgestreckte Hand gegenüber der kirchlichen Autorität zu demonstrieren.
Sein Buch über das Glaubensbekenntnis, das er in dieser Zeit publiziert hat, ging
denke ich in diese Richtung. Dass jetzt Papst Benedikt darauf eingegangen ist, das
halte ich für eine ausgesprochen frohe Nachricht! Hier in Tübingen ist diese Nachricht
sowohl in akademischen Kreisen als auch in der Bevölkerung mit großer Freude aufgenommen
worden."
Hünermann hält Hans Küng für einen Theologen, dessen besonders Talent
im Aufzeigen drängender Probleme der katholischen Kirche heute liegt. Probleme, die
rasch einer Lösung bedürfen, auch wenn die Kirche die Lösungsansätze von Küng nicht
übernehmen muss, betont Hünermann. Er hofft,
"dass man in der Glaubenskongregation
nochmal die Verfahrensordnungen überprüft und vielleicht auch noch einmal differenziert
- dass solche Unterscheidungen möglich werden und man die wechselseitige Respektierung
der legitimen Anliegen betont, auch wenn man etwa konkrete Lösungsvorschläge, die
auf den Tisch gelegt werden, zurückweist - etwas auf die Art. Ich glaube, dass das
im Sinn einer Fortbildung einer Dialogkultur in der Kirche, wie sie Paul VI. in seiner
Enzyklika "Ecclesiam suam" betont hat, in unserer Zeit wirklich ein sehr guter Schritt
wäre." (rv 27.09.05 gs)