Die deutschen Bischoefe haben von den politischen Parteien eine stabile und zukunftsfaehige
Regierung gefordert. Nachdem vor allem die grossen Parteien an Vertrauen verloren
haetten, muesse sich nun in erster Linie das Klima zwischen den Politikern wieder
normalisieren, erklaerte Kardinal Karl Lehmann zum Abschluss der Herbstvollversammlung
der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda.
„Das unübersichtliche Ergebnis der
Bundestagswahl wäre gründlich fehlinterpretiert, wenn es zu Untätigkeit führen würde.
Nichts zu tun, keine weiteren Reformen zu wagen, wäre an sich eine große Ungerechtigkeit.
Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass fast 5 Millionen Menschen in unserem Land
arbeitslos sind, und wir können nicht weiter Schulden anhäufen und damit auf Kosten
unserer Kinder und Kindeskinder leben. Beides ist zutiefst ungerecht.”
Jede
Partei muesse „substantielle Beitraege“ leisten. Ohne Reformen koenne es keine soziale
Gerechtigkeit geben, doch sozialer Ausgleich und wirtschaftliche Entwicklung muessten
Hand in Hand gehen, so Lehmann:
„Diese Verknuepfung gelingt in der sozialen
Marktwirtschaft. Sozial gross geschrieben.
Der eindringliche Appell an die
Politiker:
„Dabei darf eine verantwortungsbewusste Politik nicht mehr versprechen
als sie halten kann. Eine von Vorurteilen und Pauschalierungen genährte Politik, die
einfache Lösungen für komplexe Sachverhalte anbietet, oder sich ueberhaupt nicht um
Finanzierungen kuemmert, kann die Zukunft nicht gewinnen. Ich kann mir angesichts
dieser Herauforderungen deshalb auch nicht vorstellen, dass irgendein verantwortungsbewusster
Politiker erwägt, dass der nächste deutsche Bundeskanzler mithilfe von Stimmen – und
sei es in geheimer Wahl – ins Amt kommt, die sich für die extreme Position aussprechen,
Veränderungen per se verhindern zu wollen.“
Deutliche Worte fuer den sonst
parteipolitisch zurueckhaltenden Kardinal. Zwar wagt er keine Prognosen, sagt aber
ganz konkret:
„Es gibt ja nun doch ohne jede Frage im linken Spektrum eine
Partei, die Dinge verspricht, von denen ich mich frage, ob man sie heute echt versprechen
kann. Ich will kein Gespenst an die Wand malen, will aber doch sagen, wo unter Umstaenden
gefahren sind.“
Ueberrascht zeigte Lehmann sich von den Spekulationen des italienischen
Fernsehens um die Stimmenverteilung im Konklave. Sollte das seit gestern Abend in
der Presse kursierende angebliche Tagebuch eines nicht genannten Kardinals echt sein,
waere das „eine Katastrophe“. Schweigen sei stets oberstes Gebot gewesen, so Lehmann:
„Das ist mit eine Voraussetzung dafuer, dass es zum Beispiel moeglich war,
innerhalb von zwei Tagen einen Papst zu waehlen, dass keine Politik gemacht wurde,
vorher nicht und nachher nicht. Es ist auch ein Schutz vor Personen, die mit im Spiel
waren, die ganz normal weiterleben koennen nachher, ohne dass man ihnen nachredet,
fast Papst geworden zu sein. Ich glaube es waere ein Verlust an Kultur und Verlaesslichkeit
in der Kirche.“