Vatikan: Ratzinger-Schülerkreis in Castel Gandolfo
In Castel Gandolfo ist am vergangenen Wochenende der Kreis der Schüler von Joseph
Ratzinger zusammen getreten. Die Gruppe, die auf den Doktorandenkreis des damaligen
Tübinger Theologieprofessors Ratzinger und damit auf die Jahre 1966 bis 1969 zurückgeht,
tagte unter Anwesenheit von Papst Benedikt XVI. zum Thema muslimische Theologie. Rund
45 Theologinnen und Theologen, darunter auch ein evangelischer, debattierten etwa
die Frage, wie das muslimische Glaubensverständnis für christlich verwurzelte Kulturen
nutzbar werden könnte. Leiter des Schülerkreises ist der Salvatorianerpater Stephan
Horn, emeritierter Professor für Dogmatik an der Universität Passau. Für die muslimisch
orientierten Kulturen gilt, sagt Horn, "eine außerordentliche Einheit von Religion
und Gesellschaft - durch die Religion wird das gesellschaftliche Leben völlig bestimmt
dort, so dies möglich ist - also nicht in unseren Gesellschaften, wo das für Muslime
nicht möglich ist - aber dort, wo sie die Mehrheit finden, wollen sie das gesamte
gesellschaftliche Leben von der Religion her prägen lassen." In christlichen
Kulturen stünden oft Glaube und Kirche auf der einen Seite und gesellschaftliches
Leben auf der anderen Seite. Für Christen entstehe die Frage, „ob der Glaube
nicht zu sehr ins Private zurückgedrängt wird und ob nicht der Islam ein Anruf an
uns sein könnte, der nicht bedeutet, dass wir nun das gleiche Modell übernehmen würden,
aber dass wir uns Gedanken darüber machen müssen, wie der Glaube wieder stärker gesellschaftlich
wirksam wird.“ (rv 06.09.05 gs)