2005-08-19 18:51:20

WJT: Der Papst in der Synagoge


Papst Benedikt XVI. hat zu Mittag in Köln als erster Pontifex eine deutsche Synagoge besucht. Das Kirchenoberhaupt gedachte in der Trauerhalle mit Gemeinderabbiner Netanel Teitelbaum der von den Nazis ermordeten Juden. Beim anschließenden einstündigen Festakt rief der Papst Christen und Juden auf, sich gegenseitig "noch viel mehr und viel besser gegenseitig kennenzulernen". Er verurteilte jede Form von Antisemitismus und bedauerte, dass es erneut Zeichen dafür gebe. Mit dem Synagogenbesuch wolle er die "Freundschaft mit dem
jüdischen Volk" verbessern, sagte der Pontifex.

Der Papst setzte sich in Kontinuität zu seinem Vorgänger Johannes Paul II., der 1980 in Mainz dem Zentralrat der Juden in Deutschland und der Rabbinerkonferenz begegnet sei und sich intensiv um den christlich-jüdischen Dialog bemüht habe. "Auch und gerade in dem, was uns aufgrund unserer tiefsten Glaubensüberzeugung voneinander unterscheidet, müssen wir uns gegenseitig respektieren und lieben", so Benedikt XVI. Er hatte die Ansprache auf Hebräisch mit den Worten "Friede sei mit Euch" begonnen. Als Gastgeschenk erhielt er von der Gemeinde ein Schofar-Horn, das Juden für liturgische Zwecke nutzen. Er revanchierte sich mit einem Faksimile des Codex Vaticanus.

Benedikt XVI. erinnerte an die Geschichte der christlich-jüdischen Beziehungen, die "komplex und oft schmerzlich" sei. 60 Jahre nach Befreiung der Konzentrationslager der Nazis verneigte er sich vor den Opfern des Holocaust. Die Kirche müsse die Erinnerung daran in der Jugend wach halten, damit "die Mächte des Bösen nie wieder die Herrschaft erlangen". Christen und Juden sollten in Zukunft zusammen für Frieden und Gerechtigkeit eintreten. Ihr gemeinsames Erbe seien die Zehn Gebote, so der Papst.

Michael Rado vom Vorstand der jüdischen Gemeinde, die den Papst kurz nach seiner Wahl eingeladen hatte, bewertete den Besuch als außergewöhnliches Ereignis mit enormer religiöser und politischer Bedeutung. Möglicherweise könne er dazu beitragen, immer noch vorhandenen kirchlichen Antisemitismus zu bekämpfen. Er bezeichnete Benedikt XVI. als "Brückenbauer zwischen den Religionen" und würdigte, dass das Kirchenoberhaupt den von seinem Vorgänger eingeschlagenen Weg forsetze.

(kna 19.08.05 gs)







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