Papst Benedikt XVI. hat zu Mittag in Köln als erster Pontifex eine deutsche Synagoge
besucht. Das Kirchenoberhaupt gedachte in der Trauerhalle mit Gemeinderabbiner Netanel
Teitelbaum der von den Nazis ermordeten Juden. Beim anschließenden einstündigen Festakt
rief der Papst Christen und Juden auf, sich gegenseitig "noch viel mehr und viel besser
gegenseitig kennenzulernen". Er verurteilte jede Form von Antisemitismus und bedauerte,
dass es erneut Zeichen dafür gebe. Mit dem Synagogenbesuch wolle er die "Freundschaft
mit dem jüdischen Volk" verbessern, sagte der Pontifex.
Der Papst setzte
sich in Kontinuität zu seinem Vorgänger Johannes Paul II., der 1980 in Mainz dem Zentralrat
der Juden in Deutschland und der Rabbinerkonferenz begegnet sei und sich intensiv
um den christlich-jüdischen Dialog bemüht habe. "Auch und gerade in dem, was uns aufgrund
unserer tiefsten Glaubensüberzeugung voneinander unterscheidet, müssen wir uns gegenseitig
respektieren und lieben", so Benedikt XVI. Er hatte die Ansprache auf Hebräisch mit
den Worten "Friede sei mit Euch" begonnen. Als Gastgeschenk erhielt er von der Gemeinde
ein Schofar-Horn, das Juden für liturgische Zwecke nutzen. Er revanchierte sich mit
einem Faksimile des Codex Vaticanus.
Benedikt XVI. erinnerte an die Geschichte
der christlich-jüdischen Beziehungen, die "komplex und oft schmerzlich" sei. 60 Jahre
nach Befreiung der Konzentrationslager der Nazis verneigte er sich vor den Opfern
des Holocaust. Die Kirche müsse die Erinnerung daran in der Jugend wach halten, damit
"die Mächte des Bösen nie wieder die Herrschaft erlangen". Christen und Juden sollten
in Zukunft zusammen für Frieden und Gerechtigkeit eintreten. Ihr gemeinsames Erbe
seien die Zehn Gebote, so der Papst.
Michael Rado vom Vorstand der jüdischen
Gemeinde, die den Papst kurz nach seiner Wahl eingeladen hatte, bewertete den Besuch
als außergewöhnliches Ereignis mit enormer religiöser und politischer Bedeutung. Möglicherweise
könne er dazu beitragen, immer noch vorhandenen kirchlichen Antisemitismus zu bekämpfen.
Er bezeichnete Benedikt XVI. als "Brückenbauer zwischen den Religionen" und würdigte,
dass das Kirchenoberhaupt den von seinem Vorgänger eingeschlagenen Weg forsetze.