2005-08-18 16:25:32

Dossier: WJT bis Synagoge


Die erste Auslandsreise von Papst Benedikt XVI. und das größte Christentreffen, das Deutschland je gesehen hat… Hier alle Meldungen von Radio Vatikan in Köln und Rom:


 
12 Uhr 06: Papst besucht Synagoge

Papst Benedikt XVI. besucht zur Stunde die Synagoge in Köln. Die Gemeinde ist die älteste nördlich der Alpen; sie zählt heute etwa 5.000 Mitglieder. Begleitet wird er von Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano sowie den deutschen Kardinälen Karl Lehmann, Joachim Meisner und Walter Kasper. Auch der emeritierte Erzbischof von Paris, Jean-Marie Lustiger ist in die Synagoge gekommen. Er ist selbst jüdischer Abstammung, seine Mutter starb in Ausschwitz.
Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, begrüßte die Gäste. Es ist der zweite Besuch eines Papstes in einem jüdischen Gebetshaus. Benedikt brachte als Gastgeschenk ein Faksimile des "Codex Vaticanus", eine der bedeutendsten Bibel-Handschriften aus dem 4. Jahrhundert. Von der jüdischen Gemeinde erhielt er ein Schofar-Horn, ritueller Bestandteil des jüdischen Neujahrsfestes und des Versöhungstags.
(rv 19.08.05 bp)

 

 
12 Uhr 00: Papst besuchte Villa Hammerschmidt
Papst Benedikt hat Bundespräsident Horst Köhler am Morgen einen Höflichkeitsbesuch abgestattet. Vor der Villa Hammerschmidt in Bonn empfingen tausende Gläubige den Papst. Er habe mit dem Kirchenoberhaupt über die wirtschaftliche und soziale Lage in Deutschland, vor allem der jungen Menschen gesprochen, sagte Köhler anschließend vor Journalisten. "Der Weltjugendtag sei eine "Demonstration, dass die katholischen Christen keine Minderheit sind", so Köhler weiter. Ein solches Treffen täte auch der evangelischen Kirche gut, betonte der Protestant.

(diverse 19.08.05 bp)

 

 
09 Uhr 51: Presseschau. Die vierte.
Presseschau von Pater von Gemmingen vom 19. August 2005:
"Fast alle deutschen Zeitungen bringen auf der ersten Seite ein farbiges Bild von Papst Benedikt mit den Jugendlichen und berichten ausführlich über den ersten Tag der Papstvisite. Die Welt zitiert Präsident Köhler: Ein Freudentag für uns alle, und kommentiert den Stern der Drei Könige als gemeinschaftsstiftend. Ein Kommentator meint schon jetzt, die Visite werde in der Ökumene keinen Fortschritt bringen. Ähnlich ein Kommentator der Süddeutschen Zeitung: Viele Jugendliche verstehen ihre Kirche nicht mehr. Auf der Titelseite freilich wird der Papst zitiert: der Weltjugendtag zeige die Vitalität der Kirche. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schlägt sich auf der Titelseite mit der etwas erstaunlichen Frage herum, ob Papst Benedikt ein Außenseiter sei? Im Inneren eine ausführliche Geschichte der Synagoge von Köln.
Der Kölner Stadtanzeiger berichtet gleich auf sieben Seiten über den Papstbesuch. Ein Kommentar spricht von der Kraft des Schüchternen - gemeint ist Ratzinger. Ein Kommentar aus evangelischer Sicht prognostiziert freilich, dass es mit der Ökumene in Köln nicht vorangehen werde. Das Mittelalter müsse überwunden werden.
Die Fernsehkommentatoren stehen unter dem Stichwort "himmlisches Geplapper". Die Rheinische Post titelt BENE-DETTO, spricht von 600.000 Popstarbesuchern, der gebe freilich der Spaßgesellschaft eine Absage.
Interessant ist, wie vor allem die populären Zeitungen Worte und Schlagzeilen kreieren. Die Bildzeitung ist Weltmeister mit dem Titel: Kölle-lulja, der Papst ist los und titelt: Köln, die total verpapstete Stadt. Hier wie auch anderswo spielt das weggeflogene Käppchen des Papstes und sein Finder eine unverhältnismäßig große Rolle. Im Inneren wird es seriöser mit dem Aufruf: Laßt euch vom Feuer des Geistes entflammen.
Der Express titelt auf der ersten Seite, der Papst erobert Köln im Sturm und zeigt den Retter des Papstkäppchens. Mit dem Jugendblatt Bravo setzt sich ein Kommentar im Express auseinander. Bravo hatte eine Sonderseite mit dem Titel: Bravo bene. Die Berliner Taz bleibt sich treu. Der Name des Papstes und sein Bild werden vermieden, auch von die Titelseite Photos von Köln zeigt unter dem Motto, wenn Gott das erlebt hätte. Im Inneren fragt das Blatt, ob das alles den Glauben stärkt und die Kirchenaustritte stoppt? Man kann vom Weltjugendtag erzählen, ohne viel vom Papst zu sprechen.
(rv 19.08.05 gem)

 

 
09 Uhr 50: Merkel, WJT ist große Chance

CDU-Chefin Angela Merkel hat den Weltjugendtag als "große Chance für Deutschland" bezeichnet. Vor allem die Jugend habe Gelegenheit, sich als guter Gastgeber für ein so großes internationales Treffen zu beweisen, sagte sie in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Zugleich sei die Veranstaltung mit 800.000 Teilnehmern aus 190 Ländern eine gute Möglichkeit, die Globalisierung nicht nur als ökonomisches Problem zu sehen, sondern auch positiv zu erfahren, wie unterschiedlich junge Menschen weltweit lebten, ihren Glauben praktizierten und doch zum gleichen Gott beteten, sagte Merkel.
(kna 19.08.05 gs)
 
07 Uhr 26 WJT: Der zweite Tag mit Benedikt
Benedikt XVI. hat heute früh im Erzbischöflichen Palais Kardinal Meisners einen privaten Gottesdienst gefeiert. Geladen war eine Gruppe von rund 20 Jugendlichen. Rund um zehn Uhr wird das Programm des Papstes auf seiner Deutschlandreise wieder öffentlich: Ein Wagen bringt den Papst von Köln zur Villa Hammerschmidt in Bonn, gleichsam dem „Weißen Haus“ der Rhein-Stadt. Dort stattet er dem Bundespräsidenten Horst Köhler, der ihn gestern am Flughafen empfing, einen Besuch ab. Nach dem rund einstündigen Treffen wird der Papst zu einem viel beachteten Besuch in die Kölner Synagoge aufbrechen – dem ältesten jüdischen Gebetshaus in Mitteleuropa. Dort empfangen gegen 12 Uhr der Rabbi Netanel Teitelbaum und die drei Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde den ankommenden Papst.
Das Mittagessen wird Benedikt im Erzbischöflichen Palais mit zehn Jugendlichen aus allen Kontinenten der Erde einnehmen. Am Nachmittag trifft er bei der Kirche Sankt Pantaleon in Köln mit Priesterstudenten zusammen, am Abend kommt es zu einem ökumenischen T reffen mit rund 30 Vertretern der verschiedenen christlichen Konfessionen Deutschlands.
(rv 19.08.05 gs)




19 Uhr 59: Rheinwallfahrt und Besuch im Kölner Dom


Benedikt XVI. startete am Nachmittag zu seiner Pilgerfahrt auf dem Rhein. Gegen 16.45 Uhr bestieg der Papst bei strahlendem Sonnenschein und zu den Klängen der WJT-Hymne das Schiff. Mit dabei an Bord der „MS Rhein-Energie“: Das päpstliche Gefolge, eine Gruppe von etwa 60 Jugendlichen, die rhythmisch Fahnen schwenkten, sowie ausgewählte Journalisten. Nach Händeschütteln rechts und links nahm Benedikt auf einem Podest im vorderen Teil des Schiffs Platz. Um das Podest herum hatten sich Jugendliche von allen Kontinenten in bunten Landestrachten gruppiert. Sie stimmten zum Beginn der Fahrt ein Taizé-Lied an – in Erinnerung an den ermordeten Frère Roger. Einzelne von ihnen begrüßte der Papst persönlich.


Entlang der Rheinufer: klatschende Menschenmassen. Tausende Gläubige und Schaulustige säumten die Flusspromenade. Viele von ihnen hatten sich schon Stunden vor der päpstlichen Rheinfahrt eingefunden und bei großer Hitze ausgeharrt.
Dann der erste Stopp – gegen 17 Uhr, vor den Polller Rheinwiesen. Dort begrüßte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, den Papst.
Benedikt sprach die Jugendlichen auf Italienisch, Spanisch, Englisch und Französisch an. Und natürlich auf Deutsch. In seiner Muttersprache sagte Benedikt:


Als Pilger in der Gefolgschaft der Heiligen Drei Könige seid Ihr aus verschiedensten Teilen Deutschlands, Europas und der Welt gekommen. Indem Ihr ihren Spuren folgt, wollt ihr Jesus entdecken. Wie Ihr habe auch ich mich auf den Weg gemacht, um zusammen mit euch niederzuknien vor der weißen konsekrierten Hostie, in der die Augen des Glaubens die reale Gegenwart des Erlösers der Welt erkennen.


Und weiter ging die Schifffahrt: immer vorbei an den applaudierenden Menschen, an Jugendlichen, die zum Teil bis zur Hüfte im Wasser standen. Mit an Bord natürlich auch das Weltjugendtagskreuz, das bei der Installation auf dem Schiff übrigens leicht lädiert – aber sofort wieder instand gesetzt wurde.
Vor der Zoobrücke die Kehrtwende, dann legte das Schiff an der Hohenzollernbrücke an. Ein Gruß von Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma, der Eintrag Ins Goldene Buch der Stadt Köln - und dann auf Tuchfühlung mit den Wartenden: nach einem kurzen Weg im Papamobil kommt Benedikt die letzten Meter zu Fuß, immer dem WJT-Kreuz folgend.


Zehntausende bereiten ihm einen tosenden Empfang, der Kölner Dompropst Norbert Feldhoff begrüßt ihn im Namen des Domkapitels. Dann betritt Benedikt die größte gotische Kathedrale der Welt, hält im Gebet vor dem Tabernakel ein. Schreitet an der Seite Kardinal Meisners weiter und schließlich erreicht er das Ziel seiner Wallfahrt: den Schrein der Heiligen Drei Könige.


Durch das Südportal verlässt er die Kathedrale. Auf dem Roncalli-Platz nimmt er Platz, Kardinal Meißner begrüßt ihn „hier im Rom des Nordens“. Benedikt redet völlig frei und herzlich, unterstreicht seine Liebe zu Köln, geboren aus seiner persönlichen Erfahrung heraus. Den jungen Leuten rief er zu:


„Nun seid Ihr hier, ihr Jugendlichen der ganzen Welt, Vertreter jener fernen Völker, die Christus durch die Sterndeuter kennen lernten und im neuen Gottesvolk vereinigt wurde: in der Kirche, die Menschen aller Kulturen versammelt. Euch kommt heute die Aufgabe zu, den universalen Atem der Kirche zu leben. Lasst Euch vom Feuer des Geistes entflammen, damit ein neues Pfingsten Eure Herzen erneuere. Mögen durch Euch Eure Altersgenossen in allen Teilen der Erde dahin gelangen, in Christus die wahre Antwort auf ihre Erwartungen zu finden und sich zu öffnen, um das Mensch gewordene Wort Gottes aufzunehmen, das gestorben und auferstanden ist zum Heil der Welt.“


Um Zeit zu sparen, fasste der Papst zwei Absätze zusammen – alles in allem ging der erste Tag des Deutschland-Besuches des deutschen Papstes mit bloß einer Viertelstunde Verspätung über die Bühne.
(rv 18.08.05 gs)

14 Uhr 44: Türkischer Patriarch fordert theologische Fakultäten
 
Papst Benedikt XVI. wird am Rande des Weltjugendtags auch mit Islamvertretern zusammentreffen. Damit helfe er, den christlich-islamischen Dialog zu verbessern, sagte der armenisch-orthodoxe Patriarch von Istanbul und der ganzen Türkei, Mesrob II. Mutafyan. Den christlichen Kirchen in der Türkei müsse an den Universitäten in dem Land die Einrichtung eigener theologischer Studiengänge ermöglicht werden, so Mesrob weiter. Vor einem EU-Beitritt seines Landes müss außerdem der Demokratisierungsprozess weiter voranschreiten. Die Türkei müsse die "Menschenrechtsstandards in allen Bereichen erweitern".

(pm 18.08.05 bp)





14 Uhr 23: Papst „Frieden und Wohlergehen“ für Italien
Papst Benedikt XVI. wünscht dem Staat Italien "Frieden und Wohlergehen". Das steht in einem Telegramm an Italiens Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi. Traditionell schickt der Papst bei Auslandsreisen Telegramme an die Länder, die er dabei berührt. Auf dem Weg nach Köln schicke er allen Italienern segensreiche Grüße, heißt es in dem kurzen Schreiben
(ansa 18.08.05 bp)






13 Uhr 59: Schönborn, kein Konflikt zwischen Glaube und Wissenschaft
"Es gibt keinen Konflikt zwischen Glaube und Wissenschaft. Tiefer Glaube und ernsthafte Wissenschaft werden immer zusammenkommen". Das hat der Wiener Kardinal Christoph Schönborn bei einer Katechese zum Weltjugendtag betont. Der Mensch sei kein Zufallsprodukt, sondern von Gott gewollt, so Schönborn. Das bedeute aber nicht, dass es keine Evolution gebe.

(pm 18.08.05 bp)





13 Uhr 55: Frère Alois, Schütz war nicht katholisch
Frere Roger ist nach Aussage seines Nachfolgers nicht katholisch geworden. Der verstorbene Taize-Gründer habe sein ganzes Leben darauf verwandt, seinen protestantischen Herkunftsglauben mit der katholischen Kirche zu versöhnen, ohne dass er deshalb mit etwas anderem gebrochen hätte, sagte der neue Prior der ökumenischen Gemeinschaft, Bruder Alois, am Mittwoch in einem Interview des Westdeutschen Rundfunks (WDR). Der aus dem Bistum Rottenburg-Stuttgart stammende Nachfolger Frère Rogers erteilt damit den Spekulationen eine Absage, die nach den Beisetzungsfeierlichkeiten für Johannes Paul II: aufgekommen waren. Der damalige Kardinaldekan Joseph Ratzinger hatte dem Protestanten Frere Roger die Kommunion gereicht.

(kna 18.08.05 bp)





13 Uhr 49: Sozialbischof Marx, Kirche kann nicht alles lösen
Die aktuelle Situation in Deutschland, neben dem Weltjugendtag, ist gekennzeichnet von einer hohen Arbeitslosigkeit, wirtschaftlicher Regressionen und Umbruchserscheinungen in der Politik. Dabei stellt sich die Frage, was für Ratschläge die Kirche Jugendlichen mit auf den Weg geben kann. Der Trierer Sozialbischof Reinhard Marx beantwortet in Köln Fragen diskussionsfreudiger junger Leute, die sich um ihre Zukunft sorgen. Hilde Regeniter fragte ihn für Radio Vatikan, was er den Jugendlichen für Ratschläge geben kann:
 
Also zunächst einmal braucht man natürlich einen Standpunkt im Leben und das kann man nicht einfach vermitteln, indem man sagt, macht das so wie wir, sondern die Gemeinschaft der Kirche gibt einen Raum, indem der Einzelne und auch die jungen Menschen einen Weg finden können für ihr Leben. Was die Kirche nicht geben kann, ist einfach eine Lösung für alle Probleme. Das ist sowieso eine merkwürdige Häresie, ein Irrweg, den manche verbreiten, als gäbe es für jedes Problem eine Lösung. Es gibt nicht für jedes Problem eine Lösung. Aber wir können daran arbeiten, dass die Probleme, die vor uns sind, besser gelöst werden als bisher und das wenigstens versucht wird, möglichst viele Probleme zu lösen. Da kann die Kirche mit ihrer Soziallehre schon einen Beitrag leisten, obwohl sie nicht wirtschaftlicher Akteur ist und nicht einfach Arbeitsplätze schaffen kann. Wir bemühen uns in unserem Bereich auch die Arbeitsplätze zu halten, die wir haben, oder auch neue zu schaffen, aber das ist natürlich nur dann möglich, wenn auch die finanziellen Mittel da sind. Ich denke, wir machen eine ganze Menge für junge Leute, die arbeitslos sind, Bildungsmaßnahmen zum Beispiel. Die Kirche tut da eine Menge. Aber das grundsätzliche Problem der Schaffung von Arbeitsplätzen, das kann die Kirche nicht lösen.

Erwarten Sie sich von dem Weltjugentag jetzt positive Impulse für die Jugendpastoral in Deutschland?
 
Ich glaube ja. Das ist ein so großes Ereignis und die Erfahrung der anderen Weltjugendtage haben das gezeigt, warum soll es in Deutschland anders sein? Ich habe den Weltjugendtag damals in Paris mitgemacht, in Rom...Paris besonders, weil Frankreich ja vielleicht, ähnlich wie Deutschland, doch ein stark auch säkulares Land manchmal ist, in vielen Bereichen ein laizistisches Land sogar. Aber dass die Kirche öffentlich da war, dass junge Leute ihren Glauben gelebt haben, das hat auch auf die Kirche selber ermutigend gewirkt. Und das habe ich schon gespürt jetzt auch im Bistum Trier, in den Tagen der Begegnung. Das ist etwas, was die Menschen in den Pfarreien verändert, wenn sie junge Leute aus anderen Kontinenten sehen und ihre selbstverständliche Gläubigkeit, ihre Fröhlichkeit, das Mitfeiern des Gottesdienstes wahrnehmen, das ist ein Schub auch für uns.
(rv 18.08.05 cb/bp)






12 Uhr 47: Benedikt begrüßt seine Landsleute
Sichtlich froh hielt Papst Benedikt XVI. seine erste Ansprache auf deutschem Boden. Er könne nur betonen, was er auch schon gegenüber Radio Vatikan gesagt habe - so seine ersten Worte, wie dankbar er sei, seine erste Auslandsreise nach Deutschland machen zu können.
Frei formulierte er den ersten Teil seiner Rede, erfreut über die Unterbrechungen der Jugendlichen. "Be-ne-detto, das werden wir in den nächsten Tagen noch häufiger hören", so der Kommentar des Papstes. Sein Besuch in Deutschland sei in erster Linie ein Pastoralbesuch, er wolle die Jugendlichen treffen, die Bischöfe, Vertreter anderer Religionen und der Politik. Die Bundesrepubilk sei ihm lieb, sagte Benedikt, und sie haben große "soziale, ökonomische und kulturelle Ziele" erreicht. Die solle sie in Zukunft auch "für die anderen Völker des Kontinents mit erneutem Engagement" weiter verfolgen.




Hier der Gesamttext:


Sehr verehrter Herr Bundespräsident,
sehr geehrte Vertreter des politischen und öffentlichen Lebens,
verehrte Kardinäle, liebe Mitbrüder im Bischofsamt,
liebe Bürger der Bundesrepublik,
liebe junge Menschen!

Zum ersten Mal nach meiner Wahl auf den Stuhl Petri stehe ich voll Freude auf dem Boden meines lieben Vaterlandes, Deutschland. Und ich kann nur wiederholen, was ich in einem Interview mit Radio Vatikan gesagt habe: Ich sehe es als eine liebevolle Geste der Vorsehung an, dass sie es eingerichtet hat - ich hatte es nicht gewollt - dass mein erster Besuch außerhalb Italiens in meinem Vaterland statt findet, hier in Köln und damit zu einem Zeitpunkt, an einem Ort und zu einem Anlass, wo sich junge Menschen aus aller Welt, aus allen Kontinenten treffen, wo die Grenzen zwischen Kontinenten, zwischen Kulturen, zwischen Rassen und Nationen verschwinden, weil wir alle eins sind durch den Stern, der uns erschienen ist, den Stern des Glaubens - Jesus Christus - der uns eint und der uns gemeinsam den Weg zeigt, so dass wir hier alle miteinander eine große Kraft des Friedens über alle Grenzen und Trennungen hinweg sind. So sage ich Gott von Herzen Dank für diese Fügung, dass ich hier in meiner Heimat und mit einem solchen friedenstiftenden Anlass beginnen darf, und so auch nach Köln komme in einer tiefen Kontinuität wie Sie, Herr Bundespräsident schon gesagt haben, mit meinem großen und geliebten Vorgänger Johannes Paul II., der diese Intuition der Weltjugendtage, ich würde sagen, diese Inspiration gehabt hat, und damit nicht nur einen Anlass von überragender kirchlicher und religiöser Bedeutung schuf, sondern von menschlicher Qualität, der die Menschen über die Grenzen hin zueinander bringt und gemeinsam Zukunft bauen hilft.

(Be-ne-detto-Rufe. (Papst lacht) .... Das werden wir jetzt noch oft hören, nicht...)

Allen, die sie hier anwesend sind, bin ich aufrichtig dankbar für den herzlichen Empfang, den Sie mir bereitet haben. Ein hochachtungsvoller Gruß gilt vor allem Ihnen, Herr Bundespräsident Köhler. Ich danke Ihnen für Ihre freundlichen Worte, mit denen Sie mir aus dem Herzen gesprochen haben. Ich wusste gar nicht, dass jemand der in der Wirtschaft lebt auch so viel Philosoph und Theologe sein kann. Mit Achtung und Dankbarkeit denke ich auch an die Regierungsvertreter, die Mitglieder des Diplomatischen Korps und die zivilen und militärischen Autoritäten, den Herrn Bundeskanzler, den Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, alle hier anwesenden Autoritäten. In brüderlicher Wertschätzung grüße ich den den Hirten der Erzdiözese Köln, Kardinal Joachim Meisner, gemeinsam mit ihm grüße ich die anderen Bischöfe mit dem Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Lehmann, die Priester und Ordensleute und alle, die in den verschiedenen seelsorglichen Aktivitäten der deutschsprachigen Diözesen ihre wertvolle Mitarbeit leisten. Allen Bürgern der verschiedenen Bundesländer gilt in diesem Augenblick mein herzliches Gedenken.

In diesen Tagen der intensivsten Vorbereitung auf den Weltjugendtag haben sich die Diözesen Deutschlands, und im besonderen die Diözese und die Stadt Köln, durch die Anwesenheit so vieler Jugendlicher aus aller Welt mit Leben erfüllt. Ich danke allen, die durch ihre kompetente und großzügige Mitarbeit zur Organisation dieses kirchlichen Ereignisses von weltweiter Bedeutung beigetragen haben. Voller Dankbarkeit denke ich an die Pfarreien, die Ordensinstitute, die Vereine, die zivilen Organisationen und die Privatleute, die Einfühlsamkeit bewiesen haben in der Art, wie sie den Tausenden von Pilgern aus den verschiedenen Kontinenten eine herzliche und angemessene Gastfreundschaft geboten haben. Die Kirche in Deutschland und die gesamte Bevölkerung der Bundesrepublik können sich einer verbreiteten und gefestigten Tradition der Weltoffenheit rühmen, wie unter anderem die vielen Initiativen der Solidarität, besonders zugunsten der Entwicklungsländer, beweisen.
   In diesem Geist der Aufnahmebereitschaft gegenüber denen, die aus anderen Traditionen und Kulturen stammen, schicken wir uns an, in Köln den Weltjugendtag zu erleben. Die Begegnung so vieler Jugendlicher mit dem Nachfolger Petri ist ein Zeichen für die Vitalität der Kirche. Ich bin glücklich, mitten unter den Jugendlichen zu sein, ihren Glauben zu stützen und ihre Hoffnung zu beleben. Zugleich bin ich sicher, daß ich auch etwas von den jungen Leuten empfangen werde, vor allem von ihrer Begeisterung, ihrer Einfühlsamkeit und ihrer Bereitschaft, sich mit den Herausforderungen der Zukunft auseinanderzusetzen. Ihnen und allen, die sie in diesen ereignisreichen Tagen aufgenommen haben, gilt schon jetzt mein herzlichster Gruß. Neben den eindringlichen Zeiten des Gebetes, der Reflexion und des Feierns mit den Jugendlichen und allen, die an den verschiedenen Veranstaltungen des Programms teilnehmen, werde ich Gelegenheit zu einer Begegnung mit den Bischöfen haben, an die ich schon jetzt meinen brüderlichen Gruß richte. Dann werde ich die Vertreter der anderen Kirchen und kirchlichen Vereinigungen sehen, einen Besuch in der Synagoge machen, um die jüdische Gemeinde zu treffen, und auch die Vertreter einiger islamischer Gemeinden empfangen. Es handelt sich um wichtige Begegnungen, um den Weg des Dialogs und der Zusammenarbeit im gemeinsamen Einsatz für die Errichtung einer gerechten und brüderlichen, dem Menschen wirklich angemessenen Zukunft noch intensiver zu beschreiten.
Im Laufe dieses Weltjugendtags werden wir gemeinsam nachdenken über das Thema "Wir sind gekommen, um ihn anzubeten" (Mt 2,2). Das ist eine nicht zu versäumende Gelegenheit, die Bedeutung des menschlichen Daseins als "Pilgerschaft" unter der Führung des "Sterns" auf der Suche nach dem Herrn zu vertiefen. Gemeinsam werden wir auf die Gestalten der "Heiligen Drei Könige" schauen, auf diese Sterndeuter, die aus verschiedenen fernen Ländern kamen und zu den Ersten gehörten, die in Jesus von Nazareth, dem Sohn der Jungfrau Maria, den verheißenen Messias erkannten und sich vor ihm niederwarfen (vgl. Mt 2,1-12). Dem Gedenken an diese beispielhaften Gestalten sind die Kirchengemeinden Kölns sowie die Stadt selbst in besonderer Weise verbunden. Ebenso wie die Heiligen Drei Könige sind alle Gläubigen, und besonders die Jugendlichen, dazu berufen, ihren Lebensweg zu gehen auf der Suche nach Wahrheit, Gerechtigkeit und Liebe. Es ist dies ein Weg, dessen endgültiges Ziel nur durch die Begegnung mit Christus zu finden ist, eine Begegnung, die sich ohne den Glauben nicht verwirklichen kann. Auf diesem inneren Weg können die vielgestaltigen Zeichen hilfreich sein, die die lange und reiche christliche Tradition unauslöschlich auf deutschem Boden hinterlassen hat: von den großen historischen Monumenten bis zu den zahllosen Kunstwerken überall im Land, von den in den Bibliotheken verwahrten Dokumenten bis zu den mit intensiver Teilnahme des Volkes gelebten Traditionen, vom philosophischen Gedankengut bis zur Theologischen Reflexion vieler deutscher Denker, vom geistigen Erbe bis zur mystischen Erfahrung einer ganzen Schar von Heiligen. Es handelt sich um ein äußerst reiches kulturelles und geistiges Erbe, das noch heute im Herzen Europas die Fruchtbarkeit des Glaubens und der christlichen Überlieferung bezeugt. Die Diözese und insbesondere die Region Köln bewahren die lebendige Erinnerung an große Zeugen der christlichen Kultur. Ich denke unter anderen an den hl. Bonifatius, an die hl. Ursula, den hl. Albertus Magnus und – in neueren Zeiten – an die hl. Teresia Benedicta a Cruce (Edith Stein) und den sel. Adolph Kolping. Diese unsere berühmten Glaubensbrüder und -schwestern, die im Laufe der Jahrhunderte die Fackel der Heiligkeit haben leuchten lassen, mögen "Vorbilder" und "Patrone" des Weltjugendtags sein, der hier abgehalten wird.

Während ich Ihnen allen, die Sie hier anwesend sind, noch einmal meinen herzlichsten Dank ausspreche für den freundlichen Empfang, bete ich zum Herrn für den zukünftigen Weg der Kirche und der gesamten Gesellschaft dieser mir so lieben Bundesrepublik Deutschland. Ihre Geschichte und die großen sozialen, ökonomischen und kulturellen Ziele, die sie erreicht hat, mögen ihr Ansporn sein, den Weg des authentischen Fortschritts und der solidarischen Entwicklung nicht allein für die deutsche Nation, sondern auch für die anderen Völker des Kontinents mit erneutem Engagement weiter zu verfolgen. Die Jungfrau Maria, die den Heiligen Drei Königen, als sie nach Betlehem gekommen waren, um den Retter anzubeten, das Jesuskind zeigte, möge weiterhin so für uns eintreten, wie sie schon seit Jahrhunderten von den vielen in den Bundesländern verstreuten Wallfahrtsorten aus über das Deutsche Volk wacht. Der Herr segne Sie alle, die Sie hier zugegen sind, sowie auch alle Pilger und die Bewohner des Landes. Gott schütze die Bundesrepublik Deutschland!

(rv 18.08.05 bp)





12 Uhr 23: Delegation empfängt Papst am Flughafen


Eine Delegation aus Kirche und Politik begrüßte den Papst am Flughafen Köln-Bonn. Unter ihnen Kardinal Karl Lehmann, der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, der Kölner Kardinal Joachim Meisner und Jugendbischof Franz-Josef Bode. Auch Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma. Hunderte jubelnder Jugendlicher begleiten die Begrüßungszeremonie mit Applaus und "Be-ne-detto"-Rufen.


Bundespräsident Horst Köhler sagte, die Wahl Josef Ratzingers zum Papst habe "historische Bedeutung". Köhler betonte, die lebendige und unvzerzichtbare Rolle der Kirchen in der deutschen Gesellschaft. Der Weltjugendtag solle ein "unübersehbares Zeichen" sein für einen "menschenfreundlichen Glauben".


Wir dokumentieren hier die Begrüßungsrede Horst Köhlers im Wortlaut:


Willkommen in der Heimat, Willkommen in Deutschland!
Wir alle hier begrüßen Sie ganz herzlich.
Wir freuen uns, dass Sie da sind. Wir freuen uns, dass Sie Ihre erste Reise hierher nach Deutschland unternehmen. Das ist ein Freudentag für uns alle.
Der Weltjugendtag, zu dem Sie eingeladen haben, ist ein ganz wunderbarer Anlass. Ich finde es großartig, dass so viele junge Menschen bei uns zu Gast sind.
Es bewegt uns besonders, und das kann ich auch als protestantischer Christ sagen, dass ein Deutscher, also einer von uns, Papst geworden ist. Ich sage es Ihnen heute noch einmal, hier in der Heimat: Wir wünschen Ihnen für Ihr hohes Amt alles Gute und Gottes Segen.
Ihre Wahl zum Papst ist von historischer Bedeutung:
Nach dem Papst aus Polen, das als erstes Land im Zweiten Weltkrieg von Deutschland überfallen wurde, ist nun jemand aus der sogenannten Flakhelfergeneration zum Nachfolger des Heiligen Petrus gewählt worden. Dass es so gekommen ist, das gibt mir Zuversicht – sechzig Jahre nach dem Ende der menschen- und gottfeindlichen Ideologie, die in Deutschland herrschte.
Das ist auch weltweit als ein Zeichen der Versöhnung begriffen worden – und ich darf verraten, dass mich nur wenige Minuten nach Ihrer Wahl als erster der polnische Staatspräsident Kwaśniewski angerufen hat, um uns zu gratulieren.
Heiliger Vater,
vor bald fünfzig Jahren haben Sie hier ganz in der Nähe, an der Universität Bonn, als ganz junger Theologieprofessor Ihre akademische Karriere begonnen. Ihre Weise der Auslegung des Glaubens hat Ihre Hörer damals begeistert – und seitdem ist Ihr Ruf in der Wissenschaft ständig gewachsen. Der Glaube und die Theologie sind für Sie nie eine weltfremde Sache der akademischen Zirkel gewesen. Immer haben Sie dafür Sorge getragen, dass die zentralen Aussagen des Glaubensbekenntnisses auch für die säkulare Kultur und die Politik relevant werden.
Das konnte nicht ohne Widerspruch bleiben. Aber Widerspruch ist Ihnen mit Recht lieber als Gleichgültigkeit. Auch die Sätze des Glaubens sollen ja Salz der Erde sein. So haben auch Gelehrte aus aller Welt das Gespräch gerade mit Ihnen gesucht, vor nicht langer Zeit erst Ihr Generationengenosse Jürgen Habermas.
Ich denke, es ist auch eine Auszeichnung für die deutsche Theologie, ja für die deutsche Geisteswissenschaft insgesamt, dass einer aus ihren Reihen vom Katheder auf die cathedra Petri gewählt worden ist.
Als Sie 1992 in die ruhmreiche Akademie des Institut de France aufgenommen wurden, als Nachfolger des großen Andrej Sacharow, sagten Sie über ihn: Er war mehr als ein bedeutender Gelehrter, er war ein großer Mensch. Auch bei Ihnen verbinden sich Gelehrsamkeit und Weisheit. Und so suchen und finden die Menschen – weit über die katholische Kirche hinaus – in Ihnen eine moralische Autorität.
Heiliger Vater,
Sie kommen in ein Land, in dem die christlichen Kirchen eine lebendige Rolle spielen. Ich bin froh darüber.
Ich denke zum Beispiel an die katholischen und evangelischen Jugendverbände. Viele werfen ja Jugendlichen heute mangelndes Engagement oder Fixierung aufs eigene Ego vor. Damit können aber die vielen tausend ehrenamtlichen Jugendgruppenleiter nicht gemeint sein, die bei den Pfadfindern, bei der Katholischen Jungen Gemeinde, beim CVJM oder anderswo Verantwortung für Kinder oder gleichaltrige Jugendliche übernehmen. Viele junge Menschen erfahren dort, wie wertvoll es ist, sich für andere einzusetzen – und wie erfüllend das sein kann.
Gerade in der kirchlichen Jugendarbeit erfahren junge Menschen Werte und üben verantwortliches Verhalten ein, das für die ganze Gesellschaft lebenswichtig ist. Orientierung, nach der heute so viel gerufen wird, kann nur von Orientierten kommen. Ich habe den Eindruck, dass in der Jugendarbeit der Kirchen hier sehr viel Gutes, ja Unverzichtbares geschieht.
In ihrem sozialen Engagement lassen sich die Kirchen von einem bestimmten Menschenbild leiten. Es ist das Bild vom Menschen, das nicht vom Pragmatismus und nicht vom Materialismus geprägt wird. Es sagt uns: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Und der Mensch kommt nur am anderen, nur durch den anderen zu sich selber. Freiheit, Personalität und Solidarität gehören zusammen. So wird es in der Katholischen Soziallehre mit Recht gelehrt. Deswegen ist die karitative und diakonische Arbeit der Kirchen weit mehr als ein gesellschaftliches Reparaturunternehmen.
In diesem Engagement wird immer auch eine politische Aufforderung sichtbar: Nämlich die Schwachen, die Kranken, die Sterbenden, die Wettbewerbsverlierer nicht aus den Augen zu verlieren. Alle verbalen Appelle an Solidarität gewinnen Überzeugungskraft erst durch das tatkräftige Engagement, die tatkräftige Nächstenliebe.
Diese tatkräftige Nächstenliebe und der Einsatz für eine gerechte Gesellschaft sind in den Kirchen hierzulande, wie ich immer wieder erlebe, sehr groß. Die ehrenamtlichen Laien, die hingebungsvoll ihren freiwilligen Dienst tun, haben deswegen gerade den Zuspruch ihrer Kirchenleitungen verdient – und den Dank von uns allen.
Heiliger Vater,
Sie kommen zum Weltjugendtag, zu dem noch Ihr Vorgänger, der unvergessene Johannes Paul II., die Jugend der Welt eingeladen hatte. Der Weltjugendtag soll ein Zeichen der Hoffnung sein. Die weltweite Solidarität der jungen Menschen kann vieles Gute möglich machen. Sie macht uns die Verantwortung bewusst für die Eine Welt, in der wir leben.
Aber beim Weltjugendtag geht es, wie ich weiß, nicht zuerst um Aktionsprogramme oder Theoriediskussionen. Es geht um Spiritualität, um geistliche Erfahrung, um Gebet und um die Feier des Glaubens. Veränderung, wirkliche Veränderung, setzt immer die Umkehr der Herzen voraus. Mit ihrer Offenheit und ihrer Suche nach Orientierung geben die vielen hunderttausend Jugendlichen gerade auch uns Älteren ein Zeichen der Hoffnung und der Zuversicht. Ich habe es in den vergangenen Tagen schon selber erlebt.
Gerade in diesen Zeiten, in denen viele Menschen Angst haben vor Terror und vor Gewalt, die aus angeblich religiösen Motiven verübt wird, ist es gut, Glaube und Religion als Wege zu Frieden und Menschlichkeit zu erfahren. Sie, Heiliger Vater, haben selber mehrfach davon gesprochen, dass es „Pathologien“, dass es Irrwege der Religion gibt – auch im Christentum –, so wie es Irrwege der aufgeklärten Vernunft gibt. Beide, Religion und Vernunft, müssen sich gegenseitig immer wieder korrigieren und reinigen, wie Sie sagen.
Ich hoffe, dass dieser Weltjugendtag, zu dem Sie eingeladen haben, ein unübersehbares Zeichen für einen menschlichen, einen menschenfreundlichen Glauben gibt. Für einen Glauben, dem die Welt und die Menschen nicht gleichgültig sind, für einen Glauben, der davon zeugt, dass wir alle Gottes Kinder sind in dieser Einen Welt.
Noch einmal: Herzlich Willkommen, Papst Benedikt!

(rv 18.08.05 bp)





12 Uhr 10: Papst betritt Kölner Boden
Papst Benedikt XVI. hat in diesem Moment deutschen Boden betreten. Ein kräftiger Windstoß hieß ihn in Köln willkommen und wehte den weißen Pileolus davon. Benedikt wirkt entspannt und freudig. Hinter dem Papst steigen Privatsekretär Georg Gänswein und Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano die Treppe hinunter. Der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erwin Josef Ender, hatte den Papst zuvor in der Alitalia-Maschine begrüßt.


Benedikt XVI. verzichtete darauf, den Boden zu küssen. Damit bereitete er den Spekulationen der vergangenen Wochen ein Ende, ob er denn die Tradition seines Vorgänger Johannes Paus II. fortsetzen würde.


Bundespräsident Horst Köhler begrüßte den ersten deutschen Papst seit fast 500 Jahren und schritt mit ihm gemeinsam die Ehrenformation der Bundeswehr ab. Die Menge jubelte dem Papst entgegen und klatschte rhythmisch zu den Hymnen des Vatikans und der Bundesrepublik.
(rv 18.08.05 bp)






12 Uhr 04: Papstmaschine ist gelandet
Die erste Auslandsreise des Papstes hat begonnen. In diesen Minuten landet Benedikt XVI. am Flughafen Köln-Bonn. Die Alitalia-Maschine wird mit militärischen Ehren begrüßt. Bundeskanzler Schröder wartet mit Ehefrau Doris am roten Teppich auf den Staatsgast. Das Kleid von Doris Schröder-Köpf, die wie der Papst aus Bayern stammt, ähnelt einem Dirndl. Ebenso Bundespräsident Horst Köhler mit seiner Gattin Eva Luise. Hunderte jubeln hinter der Sicherheitsabsperrung dem Flugzeug zu.
(rv 18.08.05 bp)






11 Uhr 58: Juden für mehr Gleichberechtigung
 
Zeitgleich zum Weltjugendtag besucht Ruth Cohen, die Vorsitzende der Weltunion für progressives Judentum, Deutschland. Sie wird in der Kölner Synagoge morgen auch mit Papst Benedikt XVI. zusammentreffen. Cohen wolle bei deutschen Politikern vor allem auf die mangelnde Gleichberechtigung liberaler Juden in Deutschland hinweisen, erklärte die Weltunion heute in Köln. Für die Rabbinerausbildung und den Aufbau der Gemeinden müssten öffentliche Gelder bereit gestellt werden.
(pm 18.08.05 bp)





11 Uhr 17: Presseschau. Die Dritte.
Was schreiben die deutschen Medien heute über den Papstbesuch? Pater Eberhard Gemmingen hat sich im Blätterwald umgesehen.


Berichte und Bilder des Priors von Taizé Roger Schütz haben wenigstens bei den seriösen Blättern den Papst von der ersten Stelle verdrängt. "Die Welt" und die "Süddeutsche Zeitung" portraitieren Roger Schütz ausführlich als Brückenbauer zwischen den Konfessionen. Es fehlt nicht das Foto, wie er aus der Hand von Kardinal Ratzinger die Kommunion empfängt. Über dem Weltjugendtag liege eine Trauer. In der "Welt" freilich heißt es unter der Überschrift: "Der Himmel ist leer", wenn man die Welt ohne Gott erklären könne, brauche man ihn überhaupt nicht mehr.
Der Korrespondent der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" macht Anmerkungen über eine Katechese des honduranischen Kardinals Rodríguez Maradiaga auf dem Weltjugentag, der auch einmal "papabile" gewesen war. Ferner bringt die FAZ ein biographisches Portrait des Kölner Erzbischofes Kardinal Joachim Meisner. Die "Frankfurter Rundschau" erfindet ein Interview mit einem imaginären Kardinal, das die Lächerlichkeit von Glaube und Kirche deutlich machen soll. "Die Kölnische Rundschau" entdeckt etwas, wovon sonst kein Blatt berichtet: Die Schlangen vor den Beichtstühlen - in vierzig Sprachen könne gebeichtet werden. "Die Tageszeitung" taz hat kein Auge für gläubige Jugendliche, sondern beschäftigt sich lieber mit Randfragen, so etwa der Tatsache dass die Verpflegungsfirma auf dem Weltjugendtag sonst das Militär, die Gefängnisse und Asylatenheime beliefere. Die taz kritisiert, die Kirche sei unkritisch.
Bei den populäreren Blättern geht es heiterer zu. Die Bildzeitung titelt mit Reim: "Benedikt, dich hat Gott geschickt". Sie druckt dann gleichzeitig ihr einstiges Titelbild "Wir sind Papst" ab, damit könne man dann dem Papst zuwinken. Der "Express" titelt, "Viva Colonia!" und beklagt, Pilger haben hungern müssen, weil die Versorgung so knapp war. Der Kölner Stadtanzeiger titelt: "Papst - ich bin jetzt schon in Köln".
(rv 18.08.06 gs/bp)






Donnerstag, 10 Uhr 31: Papst im Anflug
Papst Benedikt XVI. ist zu seiner ersten Auslandsreise aufgebrochen. Kurz nach zehn Uhr startete die Maschine der italienischen Alitalia mit dem Papst an Bord am römischen Flughafen Ciampino in Richtung Köln; dort wird das Kirchenoberhaupt gegen Mittag eintreffen. Rund 400.000 Pilger erwarten den Papst in der Domstadt. Am Flughafen werden ihn unter anderem Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzler Gerhard Schröder empfangen.
Kurz vor dem Abflug sagte Benedikt XVI.den Journalisten im Flugzeug, er sei sehr bewegt, in seine Heimat zu fliegen. Er freue sich auf das Treffen mit der Jugend und begebe sich nun mit ihr auf Pilgerfahrt. Der Stern Christi schaffe Gemeinschaft und sei ein Zeichen des Friedens. Der Weltjugendtag sei ein Treffen der Jugend aller Kulturen und der ganzen Welt, betonte der Papst. Die Jugend mache deutlich, welchen Wert das Christentum auch heute habe; sie sei eine eine Hoffnung für den Frieden.
(rv 18.08.05 gs)





18 Uhr 37: Kommentar: Mehr Liebe, nicht Kondome.


Der Weltjugendtag zwischen Universalkritik (nicht nur) im Blätterwald und frommer Anbetung. Ein Kommentar von Pater Eberhard von Gemmingen:


Der Weltjugendtag gibt Anlass, sich Gedanken zu machen über die Situation der katholischen Kirche in Deutschland. Einige Medien leisten dazu unfreiwillig einen guten Dienst. So konstatiert "Der Spiegel", der Papst komme in ein unchristliches, in ein ihm fremdes Land. Ich fürchte, das gefällt dem Hamburger Magazin. Ich fürchte, "Der Spiegel" würde sich freuen, wenn der Weltjugendtag ein Reinfall würde. Ob das Magazin freilich zufrieden wäre, wenn der Papst die Sexualmoral lockern, Interkommunion erlauben, den Zölibat abschaffen und die Frauenordination einführen würde? Ich bezweifle es, denn er verlöre seinen Stoff und müsste andere Feinde suchen, um Geld zu verdienen. Das Blatt ist hier nur ein Beispiel für einen weiten Teil der Presse, die sich die Finger riebe, wenn es in Deutschland mit der Kirche weiterhin bergab ginge.
Die Jugend, die nach Köln kommt - auch die deutsche, scheint auf einem ganz anderen Stern zu Hause zu sein. Nicht dass sie alle Gebote der Kirche verstehen oder verfolgen würde, aber sie hat nicht die Probleme der Medienleute. Sie reagiert positiv, wenn man sie positiv anspricht. Sogar auf den Buhmann vieler Medien, Kardinal Joachim Meisner. Gottlob gibt es also noch Menschen, die nicht das Lob vieler Medien mitsingen.
Viele Medien aber müssten sich fragen, was ihre Arbeit mit Berichterstattung zu tun hat. So auch die "Tagesthemen" mit Wickert am Dienstag Abend. Und: In Sachen Sport oder Börse dürfte man nie so inkompetent schreiben, wie man es in Sachen Kirche darf und tut.
Es bleiben aber zwischen Medien und Jugend die Millionen Katholiken (und Protestanten), die mit gutem Willen nicht verstehen, warum die katholische Kirche in Manchem so streng und so altmodisch ist oder wenigstens scheint. Diese sind ernst zu nehmen. Aber ich würde sie gerne fragen, ob oder inwieweit sie die Bibel kennen. Ob sie vielleicht Teile der Heiligen Schrift ausblenden. Viele gut gemeinten Anfragen an die katholische Kirche kommen einfach aus einer mangelnden Kenntnis von Bibel und Tradition. Selbst Martin Luther würde sich über manchen Katholiken (und Protestanten) wundern und fragen, wo ist der Religionsunterricht geblieben. Ich frage mich, ob Luther so einfach für Interkommunion wäre. Dafür war ihm das Abendmahl viel zu wichtig. Er war bereit, für sein Glaubensverständnis zu sterben. Die heute weniger informierten sind oft gar nicht schuldig an ihren schwachen Kirchenkenntnissen; man muss mit ihnen ernsthaft umgehen. Hier liegt wohl eine große Aufgabe der beiden großen Kirchen in Deutschland. Viele gut gemeinten Vorschläge in Ökumene und Sexualmoral kommen aus gutem Willen, aber weder aus Sachkenntnis noch aus einer sachlichen Überlegung. Beispiel: Am Kölner Bahnhof sah ich ein Plakat mit der Aufschrift: "Wir glauben an Gott und wir verlangen die Zulassung von Kondomen." Ich frage, macht diesen Leuten der Sex mehr Spaß, wenn der Papst die Erlaubnis zu Kondomen gegeben hat? Sie haben offenbar ein schlechtes Gewissen und verlangen daher, dass der Papst den Segen dazu gibt. Die Antwort der katholischen Kirche darf meiner Meinung nach nicht nur lauten, "Bitte Enthaltsamkeit!", sondern "Bitte mehr Liebe!", denn ohne Liebe ist Sex nur animalisch. Es geht um die Liebe, die gerettet werden muss. Es geht um humanes Menschsein und dafür stehen Papst und katholische Kirche.

 
(rv 17.08.05 gem/bp)






14 Uhr 18: Gedenkgottesdienste für Frère Roger
Der Weltjugendtag gedenkt heute Abend in vier ökumenischen Gottesdiensten des erstochenen Taizé-Gründers Frère Roger. Auch Papst Benedikt XVI. will "an bedeutender Stelle" für Frère Roger beten, wie WJT-Generalsekretär Prälat Heiner Koch heute den Journalisten mitteilte. In welchem Gottesdienst das sein wird, will Koch morgen nach Ankunft des Papstes mit Vatikan-Vertretern besprechen.
Die geistlichen Lieder aus Taizé sollen in den Feiern keine größere Rolle spielen als geplant, sagte Koch. Die Musik für die Messen sei als Gesamtwerk gestaltet. Hunderttausende Liedzettel seien gedruckt. "Außerdem wäre es sicher nicht im Sinn von Frère Roger, wenn nun beim Weltjugendtag alles auf Taizé abgestimmt würde", sagte Koch.
(rv 18.08.05 gs)
 

 
12 Uhr 57: Wünsche und Kritik an den Papst
Beim Weltjugendtag in Köln entsteht ein Buch für den Papst aus der Feder Tausender Autoren. Wann Benedikt XVI. es lesen wird, ist noch offen. Die für Köln geplante Übergabe wurde abgesagt, wie die Initiatoren vom Kolpingwerk mitteilten. Besucher der Kolping-Jugend-Aktionsmeile in der Kölner Innenstadt können in dem 50 mal 70 Zentimeter großen, gelb-roten Buch Wünsche, Hoffnungen und Kritik an Benedikt XVI. richten. Platz ist für 20.000 Grüße. Bis gestern hatten rund 1.200 Personen die Chance genutzt. „Wir werden das einmalige Buch auf jeden Fall persönlich überreichen, wahrscheinlich im Herbst bei einer Audienz im Vatikan“, sagte ein Sprecher.
(kna 17.08.05 gs)
 

 
12 Uhr 53: Lehmann, Sexualethik besser vermitteln
Die Kirche muss nach Ansicht von Kardinal Karl Lehmann ihre Sexualethik besser vermitteln. Die katholische Kirche "müsse ganz sicher neu an diese Dinge heran". Sonst laufe sie Gefahr, nicht mehr gehört zu werden, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz gestern in einem Interview des WDR. "Und das ist auch insofern schlimm, als man in einem wichtigen Bereich unseres menschlichen Lebens dann eigentlich abgemeldet ist."
Der Mainzer Bischof räumte ein, dass Sexuallehre und Kondome heute und seit der Enzyklika Humanae Vitae zur Frage der Empfängnisregelung aus dem Jahr 1968 schwierige Themen geworden seien. "Ich glaube, dass man das, was man sagt, einfach in der Begründung noch etwas plausibler machen kann", sagte er. Auch dürfe nicht der Anschein erweckt werden, als sei die Frage der Kondome das Wichtigste in der Sexualethik.
(kna 17.08.05 gs)
 

 

 
12 Uhr 16: Unvermindert hohes Medienecho
Das Medienecho auf den Weltjugendtag bleibt unverändert hoch. Pater Eberhard von Gemmingen mit einem Blick in den deutschen Blätterwald:


Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ eröffnet mit einem Kurzkommentar auf der ersten Seite: Die Tage der Begegnung in den deutschen Diözesen seien trotz geringerer Teilnehmerzahlen ein Erfolg gewesen, denn sie hätten gezeigt, das Gerede über einen erstarrten Katholizismus in Deutschland ist falsch. Es sei vollkommen Gegenstandslos. Sie lenkten auch keinesfalls vom geistlichen Element in Köln ab, wie manche in Rom befürchtet hatten. Der Kommentator endet mit der Erinnerung: "Wir sind gekommen um ihn anzubeten, meint nicht den Papst, sondern Jesus Christus." Mein Kommentar dazu dürfte den Teilnehmern klar sein, nicht aber allen Medienleuten.

Ganz anders die Süddeutsche Zeitung. Sie bringt ein großes Foto, das einen Konflikt zwischen den Kardinälen Lehmann und Meiser beweisen soll. Sie stellt ferner fest: Es werde beim Weltjugendtag kaum kritische Töne geben. Fragen der Ökumene, der Sexualität und des Zölibats blieben ausgeklammert. Was hat die Süddeutsche Zeitung eigentlich gedacht? Ein Weltjugendtag ist keine Synode, kein Konzil, auch keine Theologendiskussion. Dass man nur zusammenkommen kann, um sich des Glaubens zu freuen, scheint manchen unbekannt.
"Die Welt" weist darauf hin, dass die meisten Pilger aus Italien kommen und zitiert Kardinal Lehmann. Der Weltjugendtag sei der falsche Ort für eine Annäherung der beiden Großkirchen.
In den Massenblättern geht es einfacher zu. Die Bildzeitung schreibt neben einer nackten Schönen "Halleluja Colonia" und zeigt Kardinal Meisner liebenswürdig mit der Narrenkappe, die er sich nach der Messe aufgesetzt haben soll. Weiter heißt es: "Megaparty für Gott und die Welt". Meisner zeige jedem ein Lächeln.

Der Kölner Stadtanzeiger titelt: "Singen, beten, tanzen" und die Kölnische Rundschau meint auf der Titelseite: "Weltjugendtag startet himmlisch!" "
(rv 17.08.05 gem)
 

 
11 Uhr 53: Trauer um Frère Roger
Kirchenvertreter aus aller Welt sind bestürzt über den Mord an Frere Roger. Papst Benedikt XVI. erinnerte in der Generalaudienz an den Gründer der Gemeinschaft von Taizè. Die Todesnachricht sei "traurig und schrecklich", so der Papst: "Diese sehr traurige Nachricht trifft mich umso mehr, da ich gestern, wirklich erst gestern, einen sehr bewegenden Brief von ihm erhalten habe, einen sehr freundschaftlichen Brief."
Benedikt zitierte bei der Generalaudienz aus dem Brief, der in französisch abgefasst war. Er betonte:
"Mit ganzem Herzen ist er bei mir und all den vielen, die sich in Köln versammeln. Er hat gesagt, dass er auf Grund seines Gesundheitszustands leider nicht persönlich nach Köln kommen könne, aber geistig sei er dabei, gemeinsam mit seinen Brüden, die vor Ort seien. Am Ende sagte er mir, dass er sich danach sehnt, wie früher nach Rom zu kommen und mich zu treffen. Wie die ganze Gemeinschaft von Taizé wolle er den gemeinsamen Weg mit dem Papst beschreiten."

Von eigener Hand habe Roger Schütz hinzugefügt: "Heiliger Vater, seien Sie sicher, dass ich tief mit Ihnen verbunden bin."
Der Papst bat um das Gebet für den Verstorbenen. "In diesem Moment großer Trauer können wir die Seele seines treuen Dieners nur der Güte des Herrn anvertrauen. Wir wissen, dass aus der Traurigkeit, die wir jetzt empfinden, die Freude wachsen wird, dass er in den Händen der ewigen Güte und ewigen Liebe ist, angekommen in der ewigen Freude. Er hat uns immer ermahnt, gläubige Arbeiter im Weinberg des Herrn zu sein, und - auch in traurigen Momenten - darauf zu vertrauen, dass der Herr uns begleitet und uns von seiner Freude schenken wird."


Kardinal Karl Lehmann verurteilte den Mord an Frère Roger in einer Erklärung für die Deutsche Bischofskonferenz. Lehmann wörtlich: "Ein Mann, der sein Leben der Botschaft Jesu von der Versöhnung aller Menschen und des Friedens besonders auch zwischen den Kirchen, Konfessionen und Religionen widmete, hat ein Schicksal erlitten, das uns an das gewaltsame Geschick Jesu und andere Zeugen für ein gewaltfreies Leben der Menschen, wie Martin Luther King und Dag Hammerskjöld erinnert. Sein Leben wurde brutal ausgelöscht."

Die deutschen Bischöfe stellten sich in dieser "tief tragischen Situation" an die Seite der Gemeinschaft von Taizé. Roger Schütz sei der Pionier einer "geistlichen Ökumee gewesen. Der Weltjugendtag werde für ihn beten. "Wir wissen uns seinem Erbe tief verpflichtet. Sein gewaltsamer Tod zeigt uns noch mehr als bisher die äußerste Dringlichkeit seines Lebens und seines Werkes und seiner Botschaft, die er hinterlassen hat."


Der Kölner Kardinal Joachim Meisner und der Generalsekretär des Weltjugendtags, Heiner Koch, zeigten sich ebenfalss sehr bestürzt und versprachen das Gebet aller Teilnehmer "für diese große Persönlichkeit". Frère Roger sei der katholischen Kirche immer tief verbunden gewesen, so Koch.


Roger Schütz, ist gebürtiger Schweizer. Noch im Frühjahr hatten die Schweizer Bischöfe ihrem Landsmann zum 90. Geburtstag gratuliert. In ihrem Beileidsschreiben an die Gemeinschaft von Taizé erinnert die Bischofskonferenz daran, dass Frère Roger in seinem gewaltsamen Tod "in gewisser Weise seinem grossen Meister, Jesus Christus, ähnlich geworden ist". "Sein Einsatz für den Frieden, die spirituelle Verwurzelung so vieler junger Menschen im christlichen Glauben und das gelebte Beispiel sowie sein Einsatz für die Einheit der Christen, liessen ihn zu einem leuchtenden Stern für viele Christen werden." Dem Nachfolger Bruder Alois wünschten die Bischöfe, dass er und die Gemeinschaft "auch in Zukunft dieses vorbildhafte Engagement leben und weiterführen könne".
(rv 17.08.05 bp)
 

 
06 Uhr 28: Mord an Taizé-Gründer Frère Roger Schütz
Frère Roger, der 90-jährige Gründer der internationalen ökumenischen Gemeinschaft Taizé, ist getötet worden. Eine psychisch Gestörte hat den Geistlichen gestern während seines Abendgebetes mit einer Stichwaffe angegriffen und schwer verletzt, teilte die Gemeinschaft am Dienstagabend mit.

Obwohl sofort Hilfe geleistet worden sei, sei Frère Roger den Verletzungen erlegen. Als mutmaßliche Täterin nahm die Polizei eine 36-jährige Rumänin fest.

Frère Roger sei blutend aus dem von 2500 jungen Menschen besuchten Gottesdienst getragen worden, berichtete eine Augenzeugin. "Wir stehen unter Schock", sagte ein Mitglied der ökumenischen Glaubensgemeinschaft in Taizé. "Niemand versteht, was gerade passiert ist." Es seien sofort zwei Ärzte da gewesen, die dem 90-Jährigen aber nicht mehr helfen konnten. Der Tod von Frère Roger überschattet auch den katholischen Weltjugendtag in Köln. Als Nachfolger von Frère Roger war bereits vor mehreren Jahren der deutsche Katholik Bruder Alois bestimmt worden. Er kehrte inzwischen vom Weltjugendtag in Köln nach Taizé bei Dijon zurück.

(rv 17.08.05 gs)
 
Mittwoch, 17. August 2005: Gelungener Auftakt
Hunderttausende von Jugendlichen aus 193 Nationen nahmen am Dienstagabend im Rheinland an großen Gottesdiensten zur Eröffnung des Weltjugendtags teil. Kardinal Karl Lehmann feierte in Düsseldorf, Deutschlands Jugendbischof Franz-Josef Bode in Bonn, Kardinal Joachim Meisner natürlich in Köln. Stefan von Kempis feierte mit dem Gastgeber:


„Heute startet ein außergewöhnliches geistliches Abenteuer, und die Hauptpersonen in diesem Abenteuer seid ihr!“ So begrüßte in der Kölner Rhein-Energie-Arena ein Vatikan-Mann die Jugendlichen: Erzbischof Stanislaw Rylko, der Chef des päpstlichen Laienrates. Die Stimmung: rheinisch-übermütig, bei der Gabenprozession wurden Kardinal Meisner auch ein Faß Kölsch und eine Narrenkappe aus dem Kölner Karneval überreicht, als Symbole der Region. Und beim Friedensgruß, der mehrere Minuten lang dauerte, tauschten die Jugendlichen untereinander Sterne aus, die sie aus ihren Heimatländern mitgebracht haben – ein Verweis auf die Heiligen Drei Könige, deren Reliquien im Hohen Dom zu Köln verehrt werden.
Der Kölner Erzbischof war geradezu aufgedreht, versuchte oft vergeblich den aufbrandenden Beifall und Gesang zu beschwichtigen. In seiner Predigt fielen einprägsame Sätze: „Wer jungen Menschen bei ihrer Suche weniger als Gott gibt, der gibt ihnen immer zu wenig.“ Oder: „Es gibt kein Leben, Lieben, Glauben und Sterben auf Probe. Hier ist immer gleich Ernstfall. Hier trete ich immer gleich in die volle Verantwortung ein.“ Oder: „Gott hat sich so klein gemacht, dass er in unsere persönlichen Lebenswege und Lebensschicksale hineinpasst. Gott ist unten. Anbetung auf den Knien macht den Menschen nicht klein, sondern groß, denn sie bringt ihn auf die Augenhöhe Gottes.“
Mit den Worten des verstorbenen Papstes Johannes Paul rief Kardinal Meisner: „Ihr seid die Zukunft der Kirche und die Zukunft der Welt!“ Der Weltjugendtag sei kein innerkatholisches Ereignis, sondern gehe die ganze Welt an. Schließlich sei Christus kein katholischer Grundstücksverwalter.
Den Weltbezug machte zum Schluss in einem Grußwort Bundespräsident Horst Köhler deutlich. „Eure Energie wünsche ich mir für die ganze Welt und auch für Deutschland!“, so der Staatschef. Und er orakelte, mit Blick auf einen zusammengebrochenen Kölner Nahverkehr: „Mal sehen, ob alles so klappt.“
Es war ein bunter, stimmungsvoller, ausgelassener Start des Weltjugendtags – nicht nur in Köln, sondern auch in Bonn, Düsseldorf und anderen Städten. In den drei Hauptstädten des Jugendtags heizten bis in die Nacht rheinische Gruppen den Gästen ein, darunter Lokalgrößen wie die Bläck Föös. Jetzt kanns losgehen, Weltjugendtag von Köln!“
(rv 17.08.05 sk/bp)



15 Uhr 13: Kardinal Meisner: „Endlich ist es soweit“
Nach jahrelangen Vorbereitungen ist es so weit, Heute beginnt er. Der 20. Weltjugendtag in Köln. Der Gastgeber Kardinal Joachim Meisner hat sich auf diesen Tag gefreut wie ein Kind auf Weihnachten. Bei der Auftakt-Pressekonferenz heute Mittag in der Domstadt liess er seiner Freude freien Lauf:
"Endlich ist es soweit. Mir kommt es so vor, wenn die vier Wochen Adventszeit vorüber sind, möchte man nicht mehr länger auf Weihnachten warten. Auf Köln ist mit dem 20. Weltjugendtag eine grosse Aufgabe zugekommen. Eine Aufgabe die weder vor noch nach der Ankunft der Heiligen drei Könige in der Domstadt je gegeben hat."
Meisner erinnerte an den geistigen Vater der Weltjugendtage.
"Die grösse Vision des verstorbenen Papstes Johannes Paul II, wird heute Realität, denn es geht darum, junge Menschen aus aller Welt zusammenzurufen, um auf Gottes rufendes Wort zu hören und seine Gegenwart inmitten der Kirche zu feiern. Die vielen tausend Jugendlichen, die heute hier hergekommen sind, zeigen, dass sie das Erbe dieses grossen Papstes verstehen und hochhalten. Und sich darin ganz in Kontinuität zum neuen Papst stehen sehen."
Der verstorbene Papst Johannes Paul II. wird vom Himmel aus zuschauen und mitfeiern. Da ist sich Meisner sicher:
"Ich habe ja schon gesagt, dass wir den Weltjugendtag mit zwei Päpsten feiern. Mit einem von oben und mit einem von unten. Und das merkt man auch, dass zwei Päpste am Werke sind. Und zwar nur an den Anmeldungszahlen, die bis heute morgen bei uns eingetroffen sind. wir haben bis heute morgen an Pilgerzahlen genau 405.000. Das hat es noch zu keinem Weltjugendtag gegeben."
Für den Kölner Kardinal und Erzbischof ist sein Weltjugendtag schon jetzt einer der Superlative:
"Mit Priestern haben wir mit 5000 gerechnet, es waren aber 9850. Jetzt reichen uns die Messgewänder und die Stolen nicht. Ich weiss nicht, wie wir dann zu Rande kommen. Bischöfe sind 759 angemeldet, wir haben mit 500 gerechnet. Darunter sind 60 kardinäle. Und Journalisten 7720. Wir wollen, dass der Weltjugendtag zu einem tiefen geistlichen Ereignis in unserem Land, in Europa und in der Welt wird. Deshalb bauen wir nicht nur Bühnen und Altäre, sondern bemühen uns diese Orte mit geistlichem Leben, mit spiritueller Kraft zu erfüllen. Und dazu sind so viele Menschen angereist, die diese Möglichkeiten haben."
(rv 16.08.05 bp)



13 Uhr 26: Huber, Glaube wieder wichtig
Der Weltjugendtag zeige, dass junge Menschen wieder nach dem Sinn des Lebens fragten. Das erklärte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, gegenüber dem Deutschlandfunk. Der Glaube komme wieder "in der Mitte der Gesellschaft an", junge Menschen fragten über das hinaus, was man selber herstellen und produzieren könne. Die Kirchen hätten die Aufgabe, so Huber, dieser Frage eine bestimmte Richtung zu geben, die Antworten aus der christlichen Tradition neu lebendig zu machen.

(dlf 16.08.05 bp)



Dienstag, 16. August 2005: 11 Uhr 45, WJT verhilft zur Solidarität
Auftakt mit brasilianischen Rhythmen und fair gehandelten Produkten: Pünktlich zum Start des Mega-Jugendtreffs haben BDKJ und Misereor gestern gemeinsam ihren „FairPoint“ beim WJT vorgestellt. Im linksrheinischen Deutz, vor der Kirche St. Heribert, werden in dem Begegnungszentrum besonders Produkte aus dem Fairen Handel angeboten, soll das Bewusstsein der Besucher für Solidarität mit den Ländern der so genannten Dritten Welt geschärft werden – mit zahlreichen Begegnungsveranstaltungen und Aktionen. Hilde Regeniter hat mit Misereor-Geschäftsführer Josef Sayer gesprochen – und ihn gefragt welche Hoffnung das katholische Hilfswerk auf den WJT setzt:
"Misereor hofft, dass das, was wir in der Vorbereitungszeit geleistet haben, nämlich Jugendliche aufmerksam zu machen auf das Schicksal von Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika, dass dort das Leben sehr schwer und beklemmend ist, dass Jugendliche aus Europa das erfahren und sagen: Hier müssen wir solidarisch zusammenstehen und diesen Jugendlichen helfen. Dass Menschen auch erfahren, wenn sie hier aus allen Erdteilen zusammenkommen, wie vielfältig doch Gott die Welt geschaffen hat und zugelassen hat, dass Menschen voneinander lernen, sich bereichern, Verständnis entwickeln, dass Fremdheit nicht ein Hindernis ist, sondern dass man merkt: Der andere ist anders und das hilft mir im Verständnis meines Glaubens."
Dass Deutschland in einer tiefen wirtschaftlichen Krise steckt, ist für Saier kein Hindernis für Solidarität.

"Ich glaube, dass es schwierig ist, aber ich habe bei der Vorbereitung in den Diözesen, in Aachen junge Menschen gehört, die sagten: Es ist wunderbar, wir sind verschieden, der eine hat DIE Probleme, der nächste hat andere Probleme - und miteinander bilden wir eben Kirche. Dieses Verständnis hilft, den Horizont zu weiten und zu merken: Als Christen haben wir eine Aufgabe für die Welt, daran mitzuwirken, dass Friede entsteht. Da kann ich nicht sagen, nun gut, wir haben Probleme mit der Arbeitslosigkeit. Das ist sicherlich eine Sache. Aber in anderen Ländern gibt es eine Arbeitslosigkeit von 40 Prozent und mehr. Dort geht es ums Überleben. Ich habe lange Zeit in Peru gelebt und gesehen, was das heißt! Gerade ein Weltjugendtag schafft die Chance, in den Gastfamilien den Blick zu öffnen, dass die Probleme anderswo viel größer sind und wir nur gemeinsam die Lösung schaffen können. Deutschland kann sich nicht abschotten, kann nicht den Zaun hochziehen und meinen, innerhalb dieses Zauns können wir unsere Probleme bewältigen. Armut in Deutschland hat auch mit der Armut in der Welt zu tun. Eine Globalisierung der Wirtschaft reicht nicht, wir brauchen eine Globalisierung der Solidarität."
Was ist der Fair Point genau, und was wollen Sie bewirken?
"Das ist ein Ort, an dem Menschen zusammenkommen und überlegen, was heißt Fairness. Fairness der Armen, Fairness für Jugendliche, Fairness beim Handel. Wenn ich fair handle, fair mich bewege, den anderen respektiere - dann entsteht auch Freude. Und nun sehen Sie sich um, wieviel Freude da hereinkommt! Ich war gestern beim Gottesdienst in Aachen, eine freudige Stimmung war das... Das ist nicht einfach von oben und abgehoben, sondern hat mit der Überlegung zu tun: Wie schaffen wir es, die Welt vom Glauben her zu gestalten? Und wenn wir das tun, entsteht auch Freude von Jesus Christus her. "


Vom BDKJ aus ist Andreas Mauritz, der Bundespräses, für den Fair Point zuständig. Er sagt, worauf es ihm dabei besonders ankommt.
"Wir setzen uns ein für eine Welt, wo es sich zu leben lohnt. Die Mitgliedsverbände im BDKJ haben unterschiedliche Themen, zb Bewahrung der Schöpfung. Da gibt es zum Beispiel eine große Solarkirche der Landjugendbewegung in Bonn, die Pfadfinder in Düsseldorf haben eine Zeltkirche, wo die Katechesen stattfinden. Wir werden alles haben im Sinn von Gebet, Stille, Meditation, aber auch politische Themen, wo wir sagen, das ist uns wichtig, dafür setzen wir uns ein, für gerechte Bedingungen, damit die, die weniger haben, gerechte Löhne bekommen. Das werden wir hier an diesem Fair Point ganz praktisch präsentieren."
(rv 16.08.05 gs)



Montag, 15. August, 14 Uhr 43: Köln im Weltjugendtagsrausch
Die offiziellen Veranstaltungen des größten Ereignisses in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg beginnen zwar erst morgen, doch schon heute befindet sich Köln im Weltjugendtagsrausch. Unsere Korrespondentin vor Ort berichtet.

Einen Tag, bevor es offiziell losgeht, kommt man in der Domstadt an keiner Ecke und an keinem Ende um den Mega-Jugend-Treff herum. Am meisten natürlich rund um den Dom im Herzen der Stadt. Obwohl heute eigentlich erst der Hauptankunftstag ist, haben junge Pilger aus aller Welt bereits jetzt Domplatte und Roncalli-Platz fest in der Hand, von weitem schon an ihren roten Regenjacken aus dem Pilger-Pack erkennbar. Leider spielt das Wetter noch nicht so richtig mit – es ist ziemlich kalt und regnerisch. Aber die Gäste lassen sich nicht von ein paar dicken Wolken beeindrucken ,starten immer wieder „Benedetto-Benedetto“-Sprechchöre. Spanische Teenies machen die Welle, la Ola. Der Dom selbst ist geschmückt mit Flaggen – in vatikanischem weiß-gelb und rot-weiß – den kölnischen Stadtfarben. Und: Am Gebäude des Domforums – direkt gegenüber der Kathedrale – hängt es, das Riesenporträt Johannes Pauls, zusammengesetzt aus 30.000 Porträt von Jugendlichen, die ihr digitales Porträt eingeschickt haben. Überall sind freiwillige Helfer unterwegs, verteilen Programme und Broschüren, erklären den Weg. Bis in die Vororte hinein strahlt Benedikt XVI von Plakatwänden und herrscht in den Supermärkten munteres Sprachgewirr. Die Straßen im Zentrum sind jetzt schon gesäumt von den Sperren, die dann aufgestellt werden, wenn der Papst kütt, wie der Rheinländer sagt. Köln ist bereit – für die Jugend der Welt und den Pontifex. Jetzt muss nur noch die Sonne rauskommen – aber das haben die Meteorologen schon für die kommenden Tage versprochen.
(rv 15.08.05 sk/bp)











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