Der Weltjugendtag zwischen Universalkritik (nicht nur) im Blätterwald und frommer
Anbetung. Ein Kommentar von Pater Eberhard von Gemmingen:
Der Weltjugendtag
gibt Anlass, sich Gedanken zu machen über die Situation der katholischen Kirche in
Deutschland. Einige Medien leisten dazu unfreiwillig einen guten Dienst. So konstatiert
"Der Spiegel", der Papst komme in ein unchristliches, in ein ihm fremdes Land. Ich
fürchte, das gefällt dem Hamburger Magazin. Ich fürchte, "Der Spiegel" würde sich
freuen, wenn der Weltjugendtag ein Reinfall würde. Ob das Magazin freilich zufrieden
wäre, wenn der Papst die Sexualmoral lockern, Interkommunion erlauben, den Zölibat
abschaffen und die Frauenordination einführen würde? Ich bezweifle es, denn er verlöre
seinen Stoff und müsste andere Feinde suchen, um Geld zu verdienen. Das Blatt ist
hier nur ein Beispiel für einen weiten Teil der Presse, die sich die Finger riebe,
wenn es in Deutschland mit der Kirche weiterhin bergab ginge. Die Jugend,
die nach Köln kommt - auch die deutsche, scheint auf einem ganz anderen Stern zu Hause
zu sein. Nicht dass sie alle Gebote der Kirche verstehen oder verfolgen würde, aber
sie hat nicht die Probleme der Medienleute. Sie reagiert positiv, wenn man sie positiv
anspricht. Sogar auf den Buhmann vieler Medien, Kardinal Joachim Meisner. Gottlob
gibt es also noch Menschen, die nicht das Lob vieler Medien mitsingen. Viele
Medien aber müssten sich fragen, was ihre Arbeit mit Berichterstattung zu tun hat.
So auch die "Tagesthemen" mit Wickert am Dienstag Abend. Und: In Sachen Sport oder
Börse dürfte man nie so inkompetent schreiben, wie man es in Sachen Kirche darf und
tut. Es bleiben aber zwischen Medien und Jugend die Millionen Katholiken
(und Protestanten), die mit gutem Willen nicht verstehen, warum die katholische Kirche
in Manchem so streng und so altmodisch ist oder wenigstens scheint. Diese sind ernst
zu nehmen. Aber ich würde sie gerne fragen, ob oder inwieweit sie die Bibel kennen.
Ob sie vielleicht Teile der Heiligen Schrift ausblenden. Viele gut gemeinten Anfragen
an die katholische Kirche kommen einfach aus einer mangelnden Kenntnis von Bibel und
Tradition. Selbst Martin Luther würde sich über manchen Katholiken (und Protestanten)
wundern und fragen, wo ist der Religionsunterricht geblieben. Ich frage mich, ob Luther
so einfach für Interkommunion wäre. Dafür war ihm das Abendmahl viel zu wichtig. Er
war bereit, für sein Glaubensverständnis zu sterben. Die heute weniger informierten
sind oft gar nicht schuldig an ihren schwachen Kirchenkenntnissen; man muss mit ihnen
ernsthaft umgehen. Hier liegt wohl eine große Aufgabe der beiden großen Kirchen in
Deutschland. Viele gut gemeinten Vorschläge in Ökumene und Sexualmoral kommen aus
gutem Willen, aber weder aus Sachkenntnis noch aus einer sachlichen Überlegung. Beispiel:
Am Kölner Bahnhof sah ich ein Plakat mit der Aufschrift: "Wir glauben an Gott und
wir verlangen die Zulassung von Kondomen." Ich frage, macht diesen Leuten der Sex
mehr Spaß, wenn der Papst die Erlaubnis zu Kondomen gegeben hat? Sie haben offenbar
ein schlechtes Gewissen und verlangen daher, dass der Papst den Segen dazu gibt. Die
Antwort der katholischen Kirche darf meiner Meinung nach nicht nur lauten, "Bitte
Enthaltsamkeit!", sondern "Bitte mehr Liebe!", denn ohne Liebe ist Sex nur animalisch.
Es geht um die Liebe, die gerettet werden muss. Es geht um humanes Menschsein und
dafür stehen Papst und katholische Kirche.