2005-07-30 09:22:39

Vatikan: Papst unterstreicht Bedeutung der Musik


Papst Benedikt XVI. hat die Bedeutung der Musik für den Gottesdienst und das persönliche Gebet unterstrichen. In einer Videobotschaft für ein Konzert der "Missa solemnis" von Ludwig van Beethoven erklärte er, auch anhand der Geschichte der Kirchenmusik, die Bedeutung von Gesang und instrumentaler Musik für die Liturgie. Hier ein Transskript der Ansprache, die Benedikt XVI. während seines Urlaubs in Les Combes aufgezeichnet hatte:


Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Kölner Domkonzert,

von Anfang an hat zur Heiligen Messe die Musik, das Singen, gehört. Wenn der Mensch vor Gott steht, reicht ihm das bloße Reden nicht aus. So wie ganz allgemein Liebe und Leid die Grenzen der bloßen Worte sprengen und einen Ausdruck suchen, der auch das Unsagbare einbegreift, so ist es auch in der Begegnung mit Gott, in der der Mensch sich selbst überschreiten will. Während das Beten Israels auch die Instrumente, die Stimmen der Schöpfung, zu Hilfe gerufen hatte, um Gott angemessen zu antworten, hat die Kirche zunächst aus vielerlei Gründen nur die menschliche Stimme für würdig gehalten, ihre Freude an Gott und ihr Ringen mit Gott auszudrücken. So ist der gregorianische Choral entstanden, dessen innere Reinheit und Leuchtkraft uns auch heute ganz unmittelbar die Gegenwart Gottes spüren lässt. Im Mittelalter, in der Welt der Kathedralen, fing man an, nach noch mehr und nach Größerem zu suchen: Es entstand die Polyphonie. Zur Orgel als einer Synthese der Stimmen der Schöpfung traten nun auch die verschiedenen Instrumente. Alles sollte aufgeboten werden, um Gott zu lobpreisen. Von da an sahen es die großen Meister der Komposition als eine ihrer höchsten Möglichkeiten an, dem Gotteslob in der Liturgie der Heiligen Messe musikalische Gestalt zu geben, Messen zu komponieren, gleichsam ihre Meisterschaft Gott selbst zu Füßen zu legen und dabei zugleich der Gemeinschaft der betenden Menschen zu dienen. So hat auch Johann Sebastian Bach, obgleich evangelischer Christ, das unvergleichliche Werk der h-moll-Messe geschaffen, die doch wohl als eine innere Einheit komponiert ist und uns die Kraft eines Glaubens spüren lässt, durch den uns die Gegenwart Gottes von innen her anrührt. Auch für Beethoven, diesem in einer Wende der Zeiten ringenden und leidenden Menschen, war es offenbar ein inneres Muss, nach der auf die liturgischen Möglichkeiten bedachten Messe in C eine große Messkomposition zu schaffen, in die er seine ganze Seele, die Leidenschaft seines Ringens mit Gott hineinlegte, ohne sich von der Frage nach der praktischen Realisierbarkeit des Werkes einengen zu lassen. Die „Missa solemnis“ ist nicht mehr eigentlich liturgische Musik; das Subjekt mit seiner ganzen Leidenschaft und Größe tritt nun – der veränderten Geschichtsstunde entsprechend – in den Vordergrund. Auch der Glaube der Kirche ist jetzt nicht mehr als selbstverständliche Vorgabe da. Die Gebetsworte der Menschen werden nun zu Wegen des Ringens um Gott, des Leidens an Gott und an sich selbst, aber so auch zu Stufen einer Leiter, an der der Mensch sich festhält, durch die er Gott festhält, ihm entgegen geht und so auch die Freude an Gott auch neu erfährt. In diesem Sinn ist die „Missa solemnis“ ein immer von neuem erschütterndes Zeugnis eines suchenden Glaubens, der Gott nicht loslässt und ihn über das Beten der Jahrhunderte neu ertastet. Die „Missa solemnis“ gehört mit ihrer einzigartigen Größe der Welt des christlichen Glaubens zu, ist Gebet im tiefsten Sinn des Wortes. Sie macht uns zu Betenden, sie führt uns zu Gott. Dem WDR danke ich herzlich, dass er uns dieses Konzert schenkt, das mehr ist als ein Konzert. Dem Royal Philharmonic Orchestra, dem London Philharmonic Choir, den Solisten und dem Dirigenten, Sir Gilbert Levine unser aller herzlichster Dank.

(rv 30. 7. 05 lw)








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