2005-07-27 12:25:41

Vatikan: 100 Tage Benedikt XVI.


Einhundert Tage sind es heute, dass Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI. ist. Am 19. April wurde der Dekan des Kardinalskollegiums von den im Konklave versammelten Kardinälen zum Nachfolger Petri gewählt. Viel ist seitdem geschehen...


Applaus brandete auf dem Petersplatz auf, als am Abend des 19. April, nach dem vierten Wahlgang weißer Rauch aus dem Kamin auf dem Dach der Sixtinischen Kapelle stieg. Und der Applaus steigerte sich natürlich noch viel mehr, als einige Zeit später die Fenster an der zentralen Loggia des Petersdomes aufgingen und der Kardinalprotodiakon heraustrat mit den berühmten Worten:
"Annuntio vobis gaudium magnum! Habemus papam! Eminentissimum ac reverendissimum Dominum Dominum Josephum Sanctae Romanae Ecclesiae Cardinalem Ratzinger qui sibi nomen imposuit Benedicti XVI."
Es dauerte nicht lange, bis der neue Papst dann auf die Loggia trat - und seine ersten Worte an die Versammelten richtete. Geschafft klang seine Stimme, als er sagte: "Nach dem großen Papst Johannes Paul II. haben die Herren Kardinäle mich gewählt, einen einfachen, demütigen Arbeiter im Weinberg des Herrn."
In einer ersten Ansprache in lateinischer Sprache am Tag nach seiner Wahl gab Papst Benedikt sozusagen eine erste Regierungserklärung ab. Christus muss immer im Mittelpunkt stehen. Dialog ist wichtig - in der Kirche wie auch mit den anderen Konfessionen und Religionen, aber auch mit den Nichtglaubenden. Und: "Liebe Jugendliche, ich will den Dialog mit euch fortsetzen!" Eine wichtige Aussage, vor allem, da der Papst im August zum Weltjugendtag in Köln erwartet wird. Der Papst wurde sofort mit großer Begeisterung aufgenommen - bei seiner Amtseinführung am Sonntag darauf waren unzählige Menschen anwesend, Millionen verfolgten sie an den Fernsehschirmen. Am Tag darauf empfängt der Papst deutschsprachige Pilger - und mit seiner spontanen Rede erobert er nicht nur die beifallklatschenden Anwesenden, sondern wegen einer Bemerkung auch die italienische Presse:
"Zunächst einmal muss ich vielmals um Entschuldigung bitten für meine Verspätung. Die Deutschen sind berühmt für ihre Pünktlichkeit. Es scheint, dass ich schon sehr italianisiert bin!"
In der Audienz spricht Benedikt auch über seine Gedanken während der Papstwahl, freilich, das unterstreicht er ausdrücklich, ohne Konklavegeheimnisse zu verraten:
"Als langsam der Gang der Abstimmungen mich erkennen ließ, dass sozusagen das Fallbeil auf mich herabfallen würde, war mir ganz schwindelig zumute. Ich hatte nämlich geglaubt, mein Lebenswerk getan zu haben und jetzt auf einen ruhigen Ausklang meiner Tage hoffen zu dürfen. Deswegen habe ich mit tiefer Überzeugung zum Herrn gesagt: Tu mir das nicht an! Du hast Jüngere und Bessere, die mit ganz anderem Elan und ganz anderer Kraft an diese Aufgabe herantreten können. In dieser Situation, wo mir der Herr offenbar nicht zuhörte..."
Die Ereignisse danach überschlagen sich: Der Papst besucht der Reihe nach die drei anderen Patriarchalbasiliken, seine Sommerresidenz Castel Gandolfo. Er verkürzt die Wartezeit für den Seligsprechungsprozess für Johannes Paul II., der dann auch einige Zeit später erlffnet wird, er stellt die Kurzfassung des Katechismus der Katholischen Kirche vor und besucht den italienischen Staatspräsidenten offiziell im Quirinalspalast.
Seine Regina Coeli- und Angelus-Gebete am Sonntag auf dem Petersplatz entwickeln sich zu Publikumsmagneten; oft findet man nicht einmal mehr Platz auf den überfüllten Pflastersteinen. Lautstark protestiert Benedikt XVI. gegen die terroristischen Attentate und bricht bei einer Ansprache in der Lateranbasilika und beim Nationalen Eucharistischen Kongress in Bari eine Lanze für die Familie und das Leben. Er empfängt Delegationen anderer Konfessionen und Religionen, trifft sich dezidiert mit einer Gruppe Juden und weiht Priester für die Diözese Rom. Seligsprechungen, lässt er verkünden, wird er selbst nicht mehr durchführen, die werden in die Hände von Kardinälen gelegt. Bei der Projektion eines Films über das Leben von Papst Johannes Paul II. bezeichnet es Benedikt XVI. als Wirken der Vorsehung, dass auf einen polnischen Papst einer aus Deutschland gefolgt ist: "Wo sich das nazistische Regime gewaltsam manifestieren konnte und von wo aus es dann die Nachbarnationen angriff, unter diesen besonders Polen. Wir beiden Päpste haben in unserer Jugend - wenn auch an verschiedenen Fronten, in unterschiedlichen Situationen - die Barbareien des Zweiten Weltkriegs kennengelernt und die unerhörte Gewalt von Menschen gegen ihresgleichen."
Benedikt erklärt selbst: Sein Name ist für ihn Programm - der Friedenspapst Benedikt XV., der den 1. Weltkrieg zu verhindern versuchte: "Die Wahl meines Namens knüpft aber auch an den heiligen Benedikt von Nursia an, den Vater des abendländischen Mönchtums und Mitpatron Europas."
Einige wichtige Ernennungen für den deutschen Sprachraum hat Benedikt in seinen 100 Tagen auch bereits getätigt: Einen neuen Bischof für Linz, einen für Augsburg sowie einen neuen Nuntius in Österreich. Wenn der deutsche Papst aus seinem Urlaub zurückkehrt, wird er wahrscheinlich noch mehr Ernennungen im Gepäck haben - und vor allem seine erste Enzyklika, auf die man allenthalben gespannt ist. Für den Erdkreis interessiert sich Benedikt schließlich sehr - was man nicht nur daran sieht, dass er sich sehr bemüht, so viele Sprachen wie möglich zu sprechen...
Es bleibt nur noch eines zu sagen: Ad multos annos, Heiliger Vater!
(rv 27. 7. 05 lw)







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