Das Oberste Gericht in Washington hat Darstellungen der Zehn Gebote nicht grundsätzlich
aus offiziellen Gebäuden verbannt. In zwei mit Spannung erwarteten Urteilen entschieden
die Richter aber, der Staat dürfe nicht den Eindruck erwecken, als ob er eine bestimmte
Religion bevorzuge. Tenor der zwei Urteile: Man muß von Fall zu Fall entscheiden.
Die öffentliche Darstellung der Zehn Gebote etwa in Gerichtssälen ist in den USA heftig
umstritten; sie gilt mittlerweile als Prüfstein dafür, wie weit die Trennung von Staat
und Kirche gehen soll. Die Richter von Washington erlaubten jetzt Tafeln mit dem Dekalog
in einem Park in Texas, verwarfen aber eine ähnliche Darstellung in zwei Gerichtsgebäuden
in Kentucky. Beide Entscheidungen fielen äußerst knapp. Klar ist damit: Die Tafeln
des Mose können gegen das so genannte "First Amendment" der US-Verfassung verstoßen
- es verbietet eine Staatsreligion -, sie müssen es aber nicht. Auf den Kontext kommt
es an. Übrigens: Die Obersten Richter fällten gestern ihre Urteile unter einem Deckenfries
mit der Darstellung des Mose. Allerdings ist der jüdische Religionsführer von anderen
großen Männern des Rechts umgeben, etwa Hamurabbi und Napoleon. Engagierte Christen
in den USA dürften erleichtert sein, dass das Gericht den Dekalog nicht völlig zertrümmert
hat. Immerhin hatten die Richter ja in den letzten Jahrzehnten schon den Religionsunterricht
in öffentlichen Schulen und das Schulgebet für verfassungswidrig erklärt. (agenturen
28.06.05 sk)