Nach Frankreich haben nun auch die Niederlande gegen den Verfassungsvertrag der Europäischen
Union gestimmt. Mit knapp 62 Prozent bei einer ebenso hohen Wahlbeteilung. An den
Katholiken ist die sogenannte EU-Verfassung zumindest in Frankreich nicht gescheitert.
Laut einer Umfrage haben rund zwei Drittel der regelmäßigen Kirchgänger mit "Ja" gestimmt.
Mit gutem Grund, sagt der Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen
Union (ComECE), Bischof Josef Homeyer. Der Vertrag sei im Grunde gut. "Er enthält
die Grundrechtscharta, zum ersten Mal, dass so etwas so deutlich formuliert worden
ist und Rechtskraft bekommt. Das Soziale ist - das muss man ganz deutlich sagen -
viel stärker als im Maaßtricht-Vertrag vorhanden. Dann dass es einen Kirchenartikel,
Artikel 52 gibt, wenn auch eine unglückliche, unfertige Präambel uns enttäuscht, die
sich nicht zur historischen Wahrheit der Rolle des Christentums im Werden Europas
bekennt und keinen Gottesbezug enthält, aber insgesamt ist sie gut. Aber natürlich
wie alle Verfassungen entwicklungsfähig." Weder Franzosen noch Niederländer
sind laut Homeyer gegen Europa. Innenpolitische Gründe waren wichtiger. An ein Aus
der Verfassung will der ComECE-Präsident nicht glauben: "Man wird zunächst,
so hoffe ich, den Ratifizierungsprozess zu Ende führen, aber zugleich denke ich, sich
vergewissern müssen über Sinn und Ziel und über die Identität Europas - was hält denn
Europa eigentlich zusammen. Und dann wird man zu sehr konkreten Szenarien kommen müssen,
da gibt es eben sehr unterschiedliche Möglichkeiten: Kann der Verfassungsvertrag in
einigen Jahren neu vorgelegt werden? Eine ganz andere Möglichkeit wäre, an ein ganz
anderes Modell zu denken, das Europa der konzentrischen Kreise, also der differenzierten
Integration, ein Kerneuropa, das aber offen ist für andere und sie einlädt mitzumachen." Im
Europa des 21. Jahrhunderts vermisst Homeyer jedoch den visionären Geist der Gründerväter: "Dies
genau fehlt heute - visionär, also deutlich zu sagen: Das sind unsere Ziele. Die allerdings
müssen viel stärker als es bisher geschehen ist auch beim Namen genannt, kommentiert,
erläutert und verständlich gemacht werden. Diese dann aber beharrlich verfolgen!" (rv
02.06.05 bp)