Die Spaltung der Christenheit ist ein Skandal. Das meinte der Präsident des päpstlichen
Ökumene-Rats, Kardinal Walter Kasper, heute morgen beim italienischen Eucharistischen
Kongress in Bari. Wegen der Spaltung sei es weiterhin nicht möglich, den Sonntag gemeinsam
zu feiern. Einsatz für Ökumene und Dialog seien keine liberalen Spielereien, so Kardinal
Kasper - sie seien vielmehr "kirchlicher Glaube, ernstgenommen und in die Praxis umgesetzt".
Dialog bedeute kein Ineinander-Verschwimmen von zwei Nebelwänden, sondern nehme den
biblischen Auftrag zum Eins-Sein beim Wort. Der Kardinal bedauerte, dass die gespaltenen
Christen "Altar gegen Altar" errichtet hätten. Im Dialog mit den Protestanten komme
es aber weiterhin zu "guten und überraschenden Früchten". Allerdings gäben Teile des
Protestantismus - vor allem in Europa, "dem schwächsten Punkt der Christenheit", zum
Beispiel auf ethischem Gebiet ihre Tradition auf. Mit Blick auf die Orthodoxen beteuerte
Kasper, der so genannte Proselytismus, also das Abwerben von Gläubigen, sei "weder
unsere Absicht noch unsere Strategie oder Politik". Er bitte umgekehrt die orthodoxen
Brüder, einer schlimmen Form von Proselytismus ein Ende zu machen, "nämlich der skandalösen
Praxis des Umtaufens". Der Petrusdienst bleibe das größte Hindernis zwischen katholischer
und orthodoxer Kirche - vielleicht lasse er sich aber mit der orthodoxen Tradition
der Kollegialität verbinden, hoffte Kasper. Als Verneigung vor dem Ortsheiligen von
Bari würdigte er schließlich den hl. Nikolaus, der in der Ost- wie in der Westkirche
gleichermaßen verehrt wird. Vielleicht, so Kardinal Kasper listig, werde ja mal ein
Papst Nikolaus zu einem weiteren Patron Europas erheben. (rv 25.05.05 sk)