Orthodoxe Kirchenführer aus aller Welt entziehen dem Jerusalemer Patriarchen Ireneios
I. ihre Anerkennung. Das beschlossen sie gestern Abend bei einem Treffen in Istanbul.
Die orthodoxen Bischöfe folgten damit dem Drängen ihres Ehren-Oberhaupts, Patriarch
Bartholomaios I. von Konstantinopel. Jerusalems orthodoxem Kirchenchef Ireneios werden
zwielichtige Immobiliengeschäfte vorgeworfen. Er will seinen Posten allerdings nicht
kampflos räumen - ich bleibe Patriarch von Jerusalem, ließ er gestern wissen. Damit
droht der orthodoxen Weltgemeinschaft jetzt eine Spaltung - und das im Heiligen Land,
wo die inner-orthodoxe Gemengelage ohnehin heikel ist. Schließlich besteht dort die
Kirchenspitze aus Griechen, während die Schäfchen in der Regel Araber sind. Sollte
jetzt nach einem Nachfolger für Ireneios gesucht werden, der aber aus eigener Sicht
weiter amtiert, dann wird es wohl Versuche geben, diesmal einen Araber an die Spitze
der orthodoxen Kirche Jerusalems zu setzen. Paradox ist auch, dass ausgerechnet die
israelische Regierung als letzte Verbündete von Ireneios erscheint. Schließlich hatte
sie monatelang gezögert, den Patriarchen nach seiner Wahl auch nur anzuerkennen. Als
Gewinner der Krise erscheint zunächst einmal Patriarch Bartholomaios I. Er hat es
geschafft, die Vertreter der zwölf wichtigsten orthodoxen Kirchen zu einer Synode
an seinen Sitz in Istanbul zu holen - ein seltenes Ereignis. Während der Synode protestierte
denn auch draußen eine Handvoll Türken gegen den angeblichen Versuch von Bartholomaios,
eine Art Vatikan zu errichten. In Israel dürfte die religiöse Krise innerhalb der
orthodoxen Kirche jetzt erst einmal weitergehen. (agenturen 25.05.05 sk)