Am Samstag Abend hat der neue Papst seine Bischofskirche, die römische Lateran-Basilika,
feierlich in Besitz genommen. Mit einer Eucharistiefeier trat er damit auch sein Amt
als Diözesan-Bischof von Rom an. Bei seiner Predigt von seiner Kathedra, seinem Bischofsthron
in der Apsis der Basilika aus bekräftigte Papst Benedikt seinen Wunsch, nach dem Vorbild
seines Vorgängers Johannes Paul am überlieferten Glauben der Kirche festzuhalten.
Es gehöre zu seinen Aufgaben, "dafür zu sorgen, dass Gottes Wort in seiner Grösse
erhalten bleibt und in seiner Klarheit wieder erschallt." Aber: "Wer das Petrusamt
innehat, muss sich darüber im klaren sein, dass er schwach und zerbrechlich ist."
Das Evangelium dürfe nicht von immer neuen Moden übertönt werden, so der Papst. Er
fühle sich und die Kirche dem Wort Gottes verpflichtet. "Die Wissenschaft kann nicht
allein eine definitive und bindente Interpretation des Evangeliums liefern. Dafür
braucht es ein größeres Mandat, das nicht allein aus menschlichen Fähigkeiten entsteht."
Die Macht des Papstes erschrecke heute viele Menschen innerhalb und außerhalb
der Kirche, gab Benedikt zu. Sie bedrohe aber keineswegs die Gewissensfreiheit: "Der
Papst ist kein absoluter Souverän, dessen Denken und Willen Gesetz sind. Im Gegenteil:
Sein Dienst garantiert Gehorsam gegenüber Christus und seinem Wort. Er darf nicht
seine eigenen Ideen verkünden, sondern muss sich und die Kirche an den Gehorsam gegenüber
Gottes Wort binden, gegen alle Versuche von Anpassung, Verwässerung und Oppurtunismus."
Dagegen betonte Papst Benedikt die "Unverletzlichkeit des menschlichen Wesens" und
die "Unverletzlichkeit des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum Tod". Es
gebe keine "Freiheit zum Töten", sagte er und warnte vor einer "Diktatur, die aus
dem menschlichen Wesen einen Sklaven macht". An der Feier nahmen auch vor der Lateran-Basilika
Tausende von Menschen teil; sie verfolgten die Messfeier über Großbildschirme. Beifall
gab es, als Benedikt XVI. die Amtstracht des Bischofs von Rom anlegte. Nach der Messfeier
fuhr der Papst im offenen Wagen grüßend zur nahegelegenen Basilika Santa Maria Maggiore,
wo er das von den Römern sehr verehrte Marienbild "Salus Populi Romani" in einer Seitenkapelle
besuchte. Vor der Ikone, die nach der Tradition vom Apostel Lukas gemalt wurde, legte
er ein Blumenbukett nieder. Begleitet wurde der Papst bei diesem Termin vom jetzigen
Erzpriester der Basilika, US-Kardinal Bernard Law. Law ist nach Vorwürfen, er habe
Mißbrauchs-Skandale vertuscht, als Erzbischof von Boston abgelöst worden und lebt
seit einigen Jahren in Rom. Auch vor Maria Maggiore grüßten Tausende von Menschen
den neuen Pontifex. (rv 08.05.05 sk)