Ein polnischer Dominikaner in Rom soll über einen langen Zeitraum den Vatikan im
Auftrag der polnischen Kommunisten ausspioniert haben. Das behaupten Forscher des
Warschauer "Instituts für nationales Gedächtnis". In einem 700-Seiten-Dossier wollen
sie den Namen von Pater Konrad Stanislaw Hejmo gefunden haben. Er werde dort nicht
als richtiger Agent, sondern als so genannter "operativer Kontakt" geführt. Der 69-jährige
leitet das polnische Pilgerzentrum in Rom. Die Historiker behaupten, von Pater Hejmo
unterschriebene Rechnungen für überlassene Informationen zu haben. Das Dossier soll
auch wichtige Informationen über das Attentat auf Papst Johannes Paul II. von 1981
enthalten. In polnischen Kirchenkreisen in Rom überwiegen starke Zweifel an den
vorgeblichen Enthüllungen aus Warschau. Vom polnischen Kurienkardinal Zenon Grocholewski
ist zu hören, er vertraue Pater Hejmo. Der frühere Privatsekretär von Johannes Paul
II., Erzbischof Stanislaw Dziwisz, soll gestern privat mit dem Beschuldigten telefoniert
haben. Dabei habe Dziwisz versichert, er glaube den Behauptungen nicht. Ein polnischer
Dominikaner im Vatikan, der Pater Hejmo gut kennt, spielt die Sache ebenfalls herunter.
Er habe das Gefühl, das Warschauer Institut wolle jetzt einfach mal auf sich aufmerksam
machen, um auch künftig staatliche Subventionen zu bekommen. Merkwürdig sei auch,
dass der angebliche Spionage-Fall gerade jetzt, kurz nach dem Tod des polnischen Papstes,
bekannt werde. Pater Hejmo selbst meinte gegenüber der italienischen Tageszeitung
"Repubblica", er sei wahrscheinlich "hereingelegt worden". Informationen habe er lediglich
für die polnischen Bischöfe zusammengestellt - und für einen in Köln lebenden Polen,
der nach eigenen Angaben für die deutschen Bischöfe arbeite. Geld habe er hin und
wieder von Priestern bekommen und auch angenommen, weil er zu Beginn der achtziger
Jahre in Rom "nur ein armer Student" gewesen sei. (repubblica/rv 28.04.05 sk)