Zum ersten Mal hat Papst Benedikt XVI. gestern Abend den Vatikan verlassen: Er besuchte
das Grab des Apostels Paulus in Sankt Paul vor den Mauern. In seiner Predigt in der
Patriarchalbasilika zu Ehren des „Apostels der Völker“ bekräftigte Benedikt den Missions-Auftrag
der Kirche und wünschte sich eine neue Blüte der Kirche in Ländern, in denen Menschen
um ihres Glaubens willen verfolgt wurden. "Als Nachfolger Petri bin ich hier,
um diese „Gabe des Apostolates“ im Glauben zu erneuern. Denn Gott hat mir nach Aussage
des Apostels der Völker die „Fürsorge für alle Kirchen“ anvertraut. Die Kirche ist
von ihrer Natur her missionarisch, ihre ureigene Aufgabe ist die Evangelisierung.
Zum Beginn des dritten Jahrtausends fühlt die Kirche mit erneuerter Lebhaftigkeit,
dass ihre missionarische Sendung zeitgemäßer ist denn je. Das 20. Jahrhundert
war ein Zeitalter des Märtyrertums. Das hat Papst Johannes Paul II. betont, indem
er zahlreiche Märtyrer der jüngeren Geschichte selig- und heiliggesprochen hat. Wenn
also das Blut der Märtyrer der Samen für neue Christen ist, dann ist es am Beginn
des dritten Jahrtausends legitim, sich eine neue Blüte der Kirche zu erwarten, besonders
dort, wo sie für den Glauben gelitten hat." Benedikt XVI. war gegen Viertel nach
sechs gestern Abend in der Basilika eingetroffen, in Begleitung mehrerer kirchlicher
Würdenträger wie etwa der Kardinalvikar von Rom, Camillo Ruini, und der Abtprimas
der Benediktiner, Notker Wolf. Beim Gang durch die Mitte der Basilika drückte er die
Hände von Gläubigen, tätschelte Kinderköpfe und segnete Rollstuhlfahrer in der ersten
Reihe; Beobachter merken allerdings an, dass sich der neue Papst an das „Bad in der
Menge“ noch nicht so richtig gewöhnt hat. Rund 20.000 Menschen hatten sich in der
Kirche und auf dem Vorplatz versammelt, um das neue Kirchenoberhaupt zu begrüßen.
Benedikts Kurzbesuch in der Basilika dauerte insgesamt etwa eine Dreiviertelstunde.
Sankt Paul vor den Mauern wird von den Benediktinermönchen verwaltet. Edmund Power,
Verwaltungsprior des Klosters, sieht im Besuch des neuen Papstes ein Zeichen der Rückbesinnung
auf die Heilige Schrift: „Es war wirklich ein ganz einfacher Besuch, im Mittelpunkt
stand das Wort Gottes und das Gebet in dieser mönchischen Umgebung. Seit 1300 Jahren
ist Sankt Paul ein Benediktinerkloster. Bei uns gibt es diese alte monastische Tradition,
die Lectio Divina, also die Meditation und das Gebet auf der Grundlage der Heiligen
Schrift – das betrachten wir als Fundament für jede christliche Handlung. Ich bin
überzeugt, dass sich der Heilige Vater dieser Lebensrealität bewusst ist. Man kann
in der Seelsorge so viele Dinge für die Menschen tun, doch ohne die Verwurzelung in
der Meditation des Wortes Gottes ist das nicht wirklich christlich. Mit seinem Besuch,
so meinen wir, wollte Papst Benedikt diesen kontemplativen und schriftbezogenen Aspekt
seines Amtes unterstreichen.“