Kardinaldekan Joseph Ratzinger hat vor den in der Sixtina versammelten wahlberechtigten
Kardinälen die lateinische Eidesformel vorgelesen. Mit ihr versprechen die Papstwähler,
sich nicht vom Eigeninteresse, sondern dem Wohl der Kirche leiten zu lassen. Nach
der Verlesung der Eidesformel werden jetzt die Kardinäle einzeln einen Eid ablegen.
Der erste, der dazu vortrat, war der frühere Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano.
Während der Eidesleistung der Kardinäle, die auch vom Vatikan-Fernsehen übertragen
wird, spielt eine Orgel.
Der Eid hat im einzelnen folgenden Wortlaut:
"
Wir alle und jeder einzelne wahlberechtigte, zu dieser Wahl des Papstes anwesende
Kardinal versprechen, verpflichten uns und schwören, uns treu und gewissenhaft an
alle Vorschriften zu halten, die in der Apostolischen Konstitution Papst Johannes
Pauls II., 'Universi Dominici Gregis', vom 22. Februar 1996 enthalten sind. Ebenso
versprechen wir, verpflichten wir uns und schwören, dass jeder von uns, wenn er durch
Gottes Fügung zum Papst gewählt wird, sich bemühen wird, das "munus petrinum" (Anm.
d. Red.: Petrusamt) des Hirten der Universalkirche in Treue auszuüben und unermüdlich
die geistlichen und weltlichen Rechte sowie die Freiheit des Heiligen Stuhles zu wahren
und zu verteidigen.
Vor allem aber versprechen und schwören wir, in bedingungsloser Treue und mit allen,
seien es Kleriker oder Laien, Geheimhaltung über alles zu wahren, was in irgendeiner
Weise die Wahl des Papstes betrifft, und was am Wahlort geschieht und direkt oder
indirekt die Abstimmungen betrifft, dieses Geheimnis in keiner Weise während oder
nach der Wahl des neuen Papstes zu verletzen, außer wenn vom Papst selbst eine ausdrückliche
Erlaubnis dazu erteilt worden ist.
Gleichermaßen versprechen und schwören wir, niemals eine Einmischung, eine Opposition
noch irgendeine andere Form zu unterstützen oder zu begünstigen, wodurch weltliche
Autoritäten jeglicher Ordnung und jeglichen Grades oder irgendwelche Gruppen oder
Einzelpersonen sich in die Papstwahl einzumischen versuchen sollten."
Einzeln und entsprechend der Rangordnung wird anschließend jeder Kardinal in der Mitte
der Sixtina vortreten, die Hand auf das dort aufgestellte Evangelienbuch legen , seinen
Namen nennen und hinzufügen:
"Ich verspreche, verpflichte mich und scwöre es, so wahr mir Gott helfe und diese
heiligen Evangelien, die ich mit meiner Hand berühre."
Erst nach dem letzten Eid ruft der päpstliche Zeremonienmeister Marini "extra omnes"
und alle nicht Wahlberechtigten müssen die Sixtinische Kapelle verlassen.
Aber auch bei jedem Wahlgang legen die Kardinäle einen Eid ab. Entsprechend der Rangordnung
bringen sie ihre ausgefüllten und zweimal gefalteten Stimmzettel zum Altar - "mit
für alle sichtbar erhobener Hand" ist in "Universi dominici gregis" festgelegt. Am
Tisch mit den Wahlurnen spricht er die Eidesformel
: "Ich rufe Christus, der mein Richter sein wird, zum Zeugen an, dass ich den gewählt
habe, von dem ich glaube, dass er nach Gottes Willen gewählt werden sollte." Anschließend
legt er den gefalteten Stimmzettel auf einen Teller, mit dessen Hilfe er den Zettel
in die Wahlurne auf dem Altar gibt. Nach einer Verneigung zum Altar hin kehrt er an
seinen Platz zurück.
(rv 18.04.05 bp)