Palmsonntagsmesse - der Papst zeigt sich am Fenster
Papst Johannes Paul II. hat sich am Ende der heutigen Eucharistiefeier zum Palmsonntag
am Fenster seines Arbeitszimmers gezeigt. Schweigend segnete der Papst zuerst mit
einem Ölbaumzweig und nachher mit der einfachen Hand die Gläubigen und grüßte sie.
Die Feier auf dem Petersplatz war zugleich die Feier des Weltjugendtages für die Diözese
Rom.
Rund 70 000 Menschen waren auf dem Petersplatz zugegen - unter strahlend blauem Himmel
und in guter Stimmung. Vor allem viele Jugendliche waren da, um miteinander den Weltjugendtag
der Diözese Rom zu feiern. Diesem widmete denn auch Papst Johannes Paul II. die Botschaft
zum Angelusgebet, die er wie die vergangenen Wochen von Erzbsichof Leonardo Sandri
verlesen lies. Am Palmsonntag vor zwanzig Jahren hätten die Weltjugendtage eben auf
dem Petersplatz ihren Anfang genommen, ließ der Papst sagen. Das sei Grund genug,
um sich in der Angelus-Botschaft heute besonders an sie zu wenden:
"Liebe Jugendliche! Im kommenden August wird in Köln der Weltjugendtag stattfinden,
im Herzen Deutschlands und Europas. In der eindrucksvollen Kathedrale jener Stadt
verehrt man die Reliquien der heiligen Drei Weisen, die deshalb in einem Sinn eure
Führer geworden sind in Richtung auf diesen Termin. Sie kamen aus dem Osten, um Jesus
Ehre zu erweisen und sagten: „Wir sind gekommen, um ihn anzubeten“ (Mt 2,2). Diese
Worte, die so reich an Bedeutung sind, stellen das Thema unseres geistlichen und katechetischen
Weges auf den Weltjugendtag zu dar. Ihr verehrt heute das Kreuz Christi, das ihr in die ganze Welt tragt, denn ihr
habt an die Liebe Gottes geglaubt, die sich im gekreuzigten Christus vollkommen geoffenbart
hat."
Ihm gehe immer mehr auf, dass die Wahl des Palmsonntags als des Tags für den Weltjugendtag
eine von der Vorsehung gewollt und prophetisch gewesen sei, so schreibt der Papst
weiter: Schließlich vereinigten sich an diesem Sonntag die Freude des Hosanna mit
dem Kreuz der Passion:
"Ich sage euch heute: Geht auf dem Weg, den ihr angefangen habt, weiter, ohne müde
zu werden, um überall Zeugen des glorreichen Kreuzes Christi zu sein. Habt keine Angst!
Die Freude des gekreuzigten und auferstandenen Herrn sei eure Kraft, und Maria sei
immer an eurer Seite!"
Es war die Feier, die die diesjährige Karwoche eröffnet - und es war das erste Mal
in der Zeit seines 26jährigen Pontifikates, dass Papst Johannes Paul II. der Messfeier
am Palmsonntag nicht selbst vorstand. In seinem Namen feierte vielmehr Kardinalvikar
Camillo Ruini die heilige Messe. In seiner Predigt unterstrich dieser, wie die beiden
Rufe der Menge in dieser Liturgie sich gegenüber stünden: Das "Hosanna" im Evangelium
vom Einzug Jesu in Jerusalem und das "Kreuzige ihn!" der Menge in der Passion:
"Der Gegensatz zwischen der Menge, die zujubelt, und jener, die die Kreuzigung
fordert, und allgemeiner gesehen die Zerbrechlichkeit und Unzuverlässlichkeit des
menschlichen Herzens ist aber nur eine – und nicht die tiefste – Dimension der Passion
des Herrn. Ihre volle Bedeutung finden wir wieder in den Worten des Apostels Paulus,
die wir in der zweiten Lesung gehört haben: „Er war Gott gleich, / hielt aber nicht
daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich / und wurde wie ein Sklave
… er erniedrigte sich / und war gehorsam bis zum Tod, / bis zum Tod am Kreuz.“
Wenn man das viele Leid auf der Erde ansehe, vor allem das unschuldige, sei man fast
gezwungen zu fragen, ob Gott uns wirklich liebt und sich um uns sorgt, oder ob es
nicht tatsächlich ein böswilliges Schicksal gibt, das nicht einmal Gott ändern kann,
so der Kardinal. Im Kreuz werde aber klar, dass Gott bis ins Letzte und Dunkelste
hinein die menschliche Lebensbedingung teilt:
"
Vor dem gekreuzigten Jesus erinnern wir uns noch an ein anderes seiner Worte:
„Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde
euch Ruhe verschaffen… Denn mein Joch drückt nicht und meine Last ist leicht“ (Mt
11, 28-30). Ja, das Kreuz Jesu drückt nicht nieder und schwächt nicht. Von ihm kommen
im Gegenteil immer neue Energien, jene, die in den Vorbildern der Heiligen aufleuchten
und die die Geschichte der Kirche fruchtbar gemacht haben, jene, die heute mit besonderer
Klarheit vom ermüdeten Gesicht des Heiligen Vaters scheinen."
Die weiteren Gottesdienste der Karwoche wie auch die Zeremonien am Ostersonntag werden
ebenso verschiedene Kardinäle im Namen des Papstes feiern. Inwiefern der Papst an
ihnen teilnehmen wird und wie der Segen Urbi et Orbi dieses Jahr gestaltet werden
wird, ist noch nicht klar.
(rv 20.3. 05 lw)