Libanon: Bischof Rai, das Problem heißt nicht Karame
Die Vereinten Nationen erhöhen den Druck auf Syrien. Morgen will UNO- Sondergesandter
Roed-Larsen bei einem Besuch in Damaskus den syrischen Präsidenten Assad zum vollständigen
Abzug seiner Truppen aus dem Libanon bewegen, schreibt die "Washington Post". Andernfalls
droht die UNO, Syrien politisch und wirtschaftlich zu isolieren. Im Libanon selbst
ist die politische Lage weiterhin äußerst unstabil: Präsident Lahoud hat gestern den
vor zehn Tagen zurückgetreten Premier Omar Karame erneut mit der Bildung einer Regierung
beauftragt. Unterdessen hat sich der maronitische Bischof von Byblos, Beachara Rai,
für einen nationalen Dialog zur Wiedererlangung der Unabhängigkeit des Libanons ausgesprochen.
"Die Probleme, die es zu lösen gilt, liegen in der Untersuchung des Mordes an Ex-Premier
Hariri, im Abzug der syrischen Truppen und der syrischen Geheimdienstler, und in der
Garantie auf Parlamentswahlen im kommenden Mai. Dies sind die drei Dinge, nach denen
sich die öffentliche Meinung im Libanon richtet. Das Problem liegt nicht in der Person
Karames, sondern in der Frage, ob seine künftige Regierung dazu in der Lage sein wird,
neutral zu sein und auf die Bedürfnisse der Menschen einzugehen."
Bei den Wahlen im Mai dürfe es Damaskus nicht von neuem gelingen, eine Regierung von
seinen Gnaden durchzusetzen, so der Bischof von Byblos. Eine solche Regierung wäre
eine "Regierung der Unterwerfung".Von der jüngsten pro-syrischen Großdemonstration
der Schiiten-Partei Hisbollah in Beirut mit angeblich mehr als 900.000 Teilnehmern
zeigte sich Rai wenig beeindruckt.
"Die Kundgebung war von Syrien manipuliert. Die meisten Teilnehmer waren Syrer oder
von Damaskus gelenkte Leute. Die Opposition wird bald mit neuen Kundgebungen dagegenhalten,
und auch die Pro-Syrer haben wohl schon weiter Demosntrationen im Programm."
(rv/spiegel online 11.03.05 gs)