Jeder Häftling hat das Recht, als Person behandelt zu werden. Das hat Vatikan-Kardinal
Renato Martino auf der Tagung "Menschenrechte von Gefangenen" in Rom betont. In vielen
Ländern würden bis heute die elementarsten Menschenrechte von Gefangenen nicht respektiert.
Rund 9 Millionen Menschen weltweit sitzen in Gefängnissen, erklärt Christian Kuhn,
Vorsitzender der Internationalen Kommission der Katholischen Gefängnisseelsorge:
"Das sind viel mehr, als wirklich sein müssten! Gefängnisseelsorger sind keine naiven
Menschen, wir wissen, dass es Menschen gibt, die eine Gefahr für andere darstellen,
wir wissen auch, dass es organisierte Kriminalität gibt und große Herausforderungen
für die Gesellschaft mit Drogenhandel, Terrorismus und so weiter. Allerdings sind
das eben genau nicht typisch jene Leute, mit denen wir täglich im Gefängnis zu tun
haben. Sehr häufig sind das Leute, die aus armen Schichten kommen oder lebensuntüchtig
sind und oft aus vielerlei sozialen Gründen im Gefängnis sind."
Das Gefängnis sei bei weitem nicht die einzige Antwort auf asoziales oder dissoziales
Verhalten, so Gefängnisseelsorger Kuhn. In vielen Völkern existerten ganz andere Methoden,
erläutert er:
"Es gibt Modelle von sogenannter 'restorative justice', das heißt eigentlich, das
Unrecht wieder gut zu machen, ist wichtiger, als dass der Täter bestraft ist. In der
Regel ist das auch für das Opfer wichtiger: Wenn mir etwas gestohlen wird, ist mir
wichtiger, ich bekomme das zurück, als dass der Täter für Jahre im Gefängnis sitzt.
Es gibt Menschen, die ihre Straftat aufgrund einer persönlichen Problematik begehen;
man muss an diese Problematik herangehen und nicht nur an das Symptom! Das heißt:
Ein Drogenabhängiger sollte in die Therapie gebracht werden, einen psychisch belasteten
Menschen sollte man in eine Betreuung bringen und nicht unbedingt ins Gefängnis."
(rv 02.03.05 lw)