100 Jahre Laizismus in Frankreich - zu diesem "Jubiläum" hat Papst Johannes Paul II.
einen Brief an die französischen Bischöfe geschrieben. Die Festlegung der strengen
Trennung von Kirche und Staat in Frankreich, die 1905 per Gesetz geschah war ein "schmerzhaftes
und traumatisierendes Ereignis für die Kirche in Frankreich", so der Papst wörtlich.
Dieses Gesetz garantiere lediglich die freie Religionsausübung, räume aber ansonsten
Kirche und Religiosität keinen Platz "im Schoß der Gesellschaft" ein.
"Das Prinzip des Laizismus, dem euer Land sehr verpflichtet ist, gehört, wenn es richtig
verstanden wird, auch in die Soziallehre der Kirche", unterstreicht der Papst. Es
erinnere nämlich an die Notwendigkeit einer gerechten Gewaltenteilung, die die Lehre
Jesu an seine Jünger wieder erklingen lässt: "Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört,
und Gott, was Gott gehört". Die Neutralität des Staates in Weltanschauungsfragen,
die eine Nichteinmischung der zivilen Macht in das Leben der Kirche und der verschiedenen
Religionen bedeutet, erlaube wiederum , dass alle Glieder der Gesellschaft gemeinsam
im Dienst für alle und die nationale Gemeinschaft zusammenarbeiten. Die Anwendung
der Prinzipien der Soziallehre der Kirche hat laut Johannes Paul unter anderem neue
Entwicklungen in den Beziehungen zwischen Staat und Kirche in Frankreich erlaubt;
schließlich sei man in den letzten Jahren sogar dazu gekommen, einen Dialog auf höherem
Niveau zu etablieren. Der Papst nennt hier die Diskussion strittiger Fragen, aber
auch die Zusammenarbeit auf sozialem Gebiet.
Und weiter: "Das Christentum hat gespielt und spielt immer noch eine wichtige Rolle
in der französischen Gesellschaft, das ganz besonders, was politische, philosophische,
künstlerische oder literarische Fragen angeht." Hingegen sei die Krise der Werte und
das Fehlen von Hoffnung, die man in Frankreich - aber auch in der westlichen Welt
- feststellen kann, Teil der Identitätskrise, die die modernen Gesellschaften erfasst
hat. Der Papst ermuntert daher die Bischöfe, sich regelmäßig in die öffentliche Diskussion
über die großen Fragen der Gesellschaft einzuschalten. Besonders nennt er da die Grundrechte
des Menschen und den Respekt vor seiner Würde sowie die Zukunft der Menschheit. Außerdem
unterstreicht der Papst den Einsatz der französischen Kirche im Sozialen und vor allem
der Bildung und Erziehung.
(rv 12. 2. 05 lw)