2005-01-28 14:59:21

Polen: Lustiger, Juden sind Träger des moralischen Gesetzes


Delegationen aus 40 Staaten, Überlebende und drei Dutzend Staatsoberhäupter und Regierungschefs waren beim Gedenktag zum 60. Jahrestag der Befreiung Auschwitz anwesend. Als Stellvertreter von Papsts Johannes Paul II. nahm der Pariser Kardinal Jean-Marie Lustiger an der Zeremonie teil. Ist der Massenmord am jüdischen Volks aus der Distanz von 60 Jahren in irgendeiner Weise leichter zu erklären? Hier eine Stellungnahme, um die wir den Kardinal vor seiner Abreise nach Auschwitz baten.

"Ich denke, und das ist meine innerste Überzeugung, dass das jüdische Volk fortfährt, dieses grundlegende moralische Gesetz weiterzutragen, das es von der Überbringung der Zehn Gebote empfangen hatte, die heute in säkulärer und laizistischer Form die Basis der Menschenrechte bilden. Zudem ist das jüdische Volk Träger einer Transzendenz, die der westliche Atheismus ablehnen und leugnen kann, doch die menschliche Person trägt ihre Spuren. Dostojewski lässt einen seiner Helden sagen: „Wenn Gott nicht existiert, können wir alles tun.“ Von diesem Standpunkt aus ist das ein prophetisches Wort. Es ging darum, den Zeugen zu töten, damit das Gesetz der Nazis ein Gesetz göttlichen Anspruchs sein konnte. „Gott mit uns“ – doch Gott sind WIR. Den Überbringer der Botschaft töten, um die Botschaft zu unterschlagen. Ob die Menschen jüdischen Glaubens das wollten oder nicht: DAS war es, was sie darstellten. Die Nazis wählten nicht aus, sie wollten alle töten. Die Juden wurden nicht aufgrund persönlicher Verantwortung ermordet, sondern aufgrund dessen, was sie darstellten.
(rv 28.1.05 gs)







All the contents on this site are copyrighted ©.