In Afrika ist der längste Bürgerkrieg zu Ende gegangen: der zwischen Nord- und Südsudan.
Nach 21 Jahren Kampf und über zweieinhalb Millionen Toten kam es an diesem Sonntag
zu einer großen Unterzeichnungsfeier in der kenianischen Hauptstadt Nairobi. „Vor
allem diese Unterzeichnung ist ein sehr wichtiges Ereignis“, sagt der Bischof von
Rumbek im Süd-Sudan, Cesare Mazzolari. „Da haben 17 Staaten und auch US-Außenminister
Colin Powell teilgenommen und mitunterschrieben – sowas schafft einen Rahmen, da kann
sich keine Seite jetzt gleich erlauben, die Erwartungen wieder zu enttäuschen.“ „Ein
historisches Ereignis“, sagt der Afrika-Kenner Pater Giulio Albanese, der lange die
Nachrichtenagentur misna geleitet hat. „Das wird am Horn von Afrika, einer der blutigsten
Regionen Afrikas, eine gewisse Normalisierung möglich machen. Es war die Entscheidung
des sudanesischen Regimes, die Sharia aufs ganze Land auszudehnen, die 1983 zum Ausbruch
des Krieges geführt hat. Aber andererseits waren Erdöl-Interessen von Anfang an mit
im Spiel, und paradoxerweise haben sie jetzt zur Einigung beigetragen. Es ist kein
Geheimnis, dass Washington in den letzten Jahren beiden Konfliktparteien viel Geld
zugesteckt hat, um eine Einigung zu beschleunigen. Und die Einigung über den Gewinn
aus der Erdölförderung ist deshalb das Kernstück in diesem Friedensvertrag.“ Was
den Konflikt aber so lang und zäh und blutig machte, ist, dass er genau an einer Bruchlinie
stattfand: Araber gegen Schwarzafrikaner, Moslems gegen Christen oder Anhänger von
Naturreligionen, Nord gegen Süd. „Sowohl Regierung wie Rebellen haben Verbrechen
gegen schutzlose Zivilisten begangen“, meint Pater Albanese. „Außer der Kirche hat
sich kaum einer um die Leute gekümmert oder mal den Respekt der Menschenrechte eingeklagt.
Beim Friedensvertrag geht es jetzt um eine Machtteilung zwischen zwei alten Feinden
– das könnte allerdings auch das schwierige innerliche Gleichgewicht des Sudan erschüttern.“ Beispiel:
Darfur. Der Konflikt in dieser West-Provinz des Sudan war ausgebrochen, während Nord
und Süd erstmals so richtig ins Gespräch kamen. Darfur ist nicht Gegenstand des jetzigen
Friedensabkommens, sein Bürgerkrieg schwelt weiter. Die Konfliktparteien haben Ende
letzten Jahres bei einer Sondersitzung des UNO-Sicherheitsrats in Nairobi nämlich
den Eindruck gewonnen, dass die internationale Gemeinschaft trotz starker Worte nicht
sonderlich am Darfur-Konflikt interessiert ist. „Wir können eben nur einen Schritt
auf einmal machen“, seufzt Bischof Mazzolari. „Darfur war ein Konflikt, der den ganzen
Südsudan treffen sollte. Jetzt, wo man sich um einen Frieden im Süden bemüht, kann
man vielleicht auch die Darfur-Frage lösen.“ „John Garang, der Führer der süd-sudanesischen
Rebellen, hat versprochen, jetzt auch den Darfur-Konflikt in kurzer Zeit zu lösen“,
sagt Pater Albanese. „Garanz ist immerhin bald sudanesischer Vize-Präsident. Wenn
man auf halb-offizielle Quellen der Rebellengruppe SPLA hört, dann sollen in den letzten
zwei Jahren Männer von Garang direkt an der Krise im West-Sudan beteiligt gewesen
sein. Ihre Absicht wäre es demnach gewesen, auf die Regierung in Khartum einen militärischen
Druck auszuüben. Da muß man jetzt einfach mal abwarten, wie sich dieses beunruhigende
Szenario von Darfur weiter entwickelt – vor allem aus humanitärer Sicht.“ Abwarten
auch mal, ob die Abkommen für den Südsudan von diesem Sonntag lange halten. Nach ihrem
Wortlaut müssten jetzt die regierende Partei „National Congress“ und die Rebellengruppe
SPLA eine Koalitionsregierung bilden. Weitere Kernpunkte: Dezentralisierungt der Macht,
Teilung des Gewinns aus der Erdölförderung, Zusammenlegung der Armeen zu einer einzigen.
Nach sechs Jahren Frist kann der Südsudan per Referendum über seine Unabhängigkeit
entscheiden. „Das Schwierigste werden die nächsten sechs Monate sein“, sagt Bischof
Mazzolari voraus. „In dieser Frist sollen Nord und Süd ihre Verfassungen vorbereiten,
damit sie autonom regiert werden können. Diese sechs Monate könnten durchaus wieder
in einen neuen Konflikt münden. Die Erwartungen sind groß, aber noch ist alles offen.“ Große
Erwartungen hat der Bischof auch an die USA, die immerhin diesen Frieden wie auch
immer maßgeblich gezimmert haben. „Sie könnten uns materiell helfen und technische
Hilfe zum Wiederaufbau leisten. Vielleicht auch Menschen schicken, die eine Infrastruktur
für das Gesundheitswesen aufbauen. Oder Lehrer, Ärzte und Krankenpfleger ausbilden.
Wenigstens ein paar Monate, besser noch ein paar Jahre lang.“