Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, kann der derzeit
laufenden Patriotismusdebatte nicht viel abgewinnen. In einem Interview mit der "Neuen
Osnabrücker Zeitung" sagte er: "Mir wäre eine wirkliche Grundwertedebatte lieber".
Der Kardinal bedauerte, dass die Diskussion zu diesem Thema seit 30 Jahren immer wieder
kurz aufflamme und dann schnell wieder ende. Dieses Vorgehen sei aber "Gift" beim
Nachdenken über die Grundwerte. "Daher habe ich etwas gegen diese modische Welle,
das ist zu oberflächlich", bemängelte Lehmann. Der Kardinal bezweifelte auch, dass
sich das Thema Patriotismus für eine Grundwertedebatte eignet. "Es gibt auch eine
romantische Verklärung von Vaterland und Heimat, die uns jedoch nicht weiterbringt."
Wichtig sei allerdings schon, was für ein vernünftiger Nationenbegriff im neuen "Europa
der Vaterländer" übrig bleibe. Auch von dem jüngst aus den Reihen der Union geäußerten
Vorschlag, Zuwanderer sollten einen Eid auf die deutsche Verfassung ablegen, hält
Lehmann nicht viel: "Das verlangen wir auch von uns selbst nicht", sagte er der Zeitung. (12.12.04
spiegel-online sk)