2004-12-08 11:17:36

Vatikan: Papst feiert Marien-Dogma


Mit einer feierlichen Messe im Petersdom hat Papst Johannes Paul II. heute das Dogma der Unbefleckten Empfängnis Mariens gefeiert. Der Lehrsatz war vor genau 150 Jahren in St. Peter vom damaligen Papst Pius IX. definiert worden. In seiner Predigt zum Jahrestag des Dogmas rühmte Johannes Paul Maria als Vorbild für alle Christen, weil sie im entscheidenden Moment "Ja" zu Gottes Plänen gesagt habe. Wörtlich sagte er, an Maria gewandt: "Sei du es, die den Frieden und das Heil für alle Völker erreicht."
Heute nachmittag wird der Papst, wie jedes Jahr am Fest der Unbefleckten Empfängnis, einen Kranz an der Mariensäule in der römischen Innenstadt niederlegen.

Hier die Papstpredigt von heute in vollem Wortlaut:

"1. „Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir!“
Mit diesen Worten des Erzengels Gabriel wenden wir uns mehrmals am Tag an die Jungfrau Maria. Wir wiederholen sie heute mit besonderer Freude am Fest der Unbefleckten Empfängnis, indem wir an jenen 8. Dezember 1854 erinnern, an dem der selige Pius IX. dieses wunderbare Dogma des katholischen Glaubens in eben dieser vatikanischen Basilika verkündet hat.
Ich grüße sehr herzlich alle, die hier zusammen gekommen sind, besonders die Vertreter der Nationalen Mariologischen Gesellschaften, die am Internationalen Mariologiekongress teilgenommen haben, den die Päpstliche Marianische Akademie organisiert hat.
Ich grüße außerdem Euch alle, die Ihr anwesend seid, meine lieben Schwestern und Brüder, die ihr gekommen seid, um der Unbefleckten Jungfrau die Ehre zu erweisen. In besonderer Weise grüße ich den Herrn Kardinal Camillo Ruini, dem ich noch einmal meine Glückwünsche zu seinem Priesterjubiläum ausdrücken möchte, wobei ich ihm auch meinen Dank für seinen Dienst ausdrücken möchte, den mit großer Hingabe dargebracht hat und immer noch darbringt, als mein Stellvertreter für die Diözese von Rom und als Vorsitzender der Italienischen Bischofskonferenz.

2. Wie groß ist das Geheimnis der Unbefleckten Empfängnis, die die heutige Liturgie uns vor Augen stellt! Ein Geheimnis, das nicht aufhört, die Betrachtung der Gläubigen anzuziehen und die Überlegungen der Theologen inspiriert. Das Thema des Kongresses hat eben daran erinnert: „Maria von Nazareth nimmt den Sohn Gottes in der Geschichte auf“ – und er hat so eine Vertiefung der Lehre von der Unbefleckten Empfängnis Marias, die die Voraussetzung für die Aufnahme des fleischgewordenen Wortes Gottes, des Erlösers der Menschheit in ihrem jungfräulichen Schoß war.
„Voll der Gnade“, „kacapitwme,nh“: Mit dieser Anrede wendet sich nach dem griechischen Originaltext des Lukasevangeliums der Engel an Maria. Und das ist der Name, mit dem Gott durch seine Botschaft die Jungfrau beschreiben wollte. So hat er sie schon immer gedacht und gesehen – ab aeterno.

3. Im Hymnus des Epheserbriefes, der vor kurzem vorgelesen wurde, lobt der Apostel Gott den Vater, weil er uns mit allem „Segen des Geistes im Himmel gesegnet hat, in Christus“. Mit dieser besonderen Segnung hat sich Gott vom Anfang der Zeiten an an Maria gewandt. Du bist wirklich gebenedeit, Maria, unter allen Frauen!
Der Vater hat sie in Christus vor der Erschaffung der Welt erwählt, damit sie heilig und unbefleckt in seinem Anblick der Liebe sei, und er hat sie so als erste zur Sohnschaft durch das Werk Jesu Christi bestimmt.

4. Die Bestimmung Marias ist wie die von einem jeden von uns auf die Bestimmung des Sohns bezogen. Christus ist jener „Nachwuchs“, der die alte Schlange „am Kopf trifft“, wie es das Buch Genesis beschreibt. Er ist das „makellose Lamm“, geopfert, um die Welt von der Sünde freizukaufen.
In Vorausschau auf seinen heilbringenden Tod wurde Maria, seine Mutter, vor der Erbsünde und jeder anderen Sünde bewahrt. Zum Sieg des neuen Adam gehört auch jener der neuen Eva, der Mutter der Erlösten. Die Unbefleckte Jungfrau ist so ein Zeichen der Hoffnung für alle Lebenden, die das Böse (satana) der das Blut des Lammes besiegt haben.

5. Wir wollen heute das demütige Mädchen aus Nazareth betrachten, die heilig und unbefleckt im Angesicht Gottes in der Liebe war, jener Liebe, die in seiner ursprünglichen Quelle der dreieine Gott selbst ist.
Welch tiefes Werk der heiligsten Dreifaltigkeit ist die Unbefleckte Empfängnis der Mutter des Erlösers! Pius IX. hat in der Bulle „Inaeffabilis Deus“ daran erinnert, dass der Allmächtige „mit ein und demselben Tun den Ursprung Mariens und der Menschwerdung der göttlichen Weisheit ausgezeichnet hat“.
Das „Ja“ der Jungfrau auf die Anrede des Engels gehört in das Konkrete unserer irdischen Bedingtheit, in den demütigen Gehorsam dem göttlichen Willen gegenüber, die Menschheit nicht von der Geschichte zu erlösen, sondern in der Geschichte. Tatsächlich hat die „neue Eva“, die von jedem Makel der Sünde bewahrt wurde, in einzigartiger Weise das Werk Christi unterstützt, des höchsten Mittlers und Erlösers. Als erste von ihrem Sohn erlöst, nimmt sie in Fülle an seiner Heiligkeit teil, sie ist schon das, was die ganze Kirche zu sein erhofft. Sie ist die eschatologische Ikone der Kirche.

6. Deshalb geht die Unbefleckte Jungfrau, die „den Ursprung der Kirche, die makellose Braut Christi von glänzender Schönheit“ darstellt, immer dem Volk Gottes in der Pilgerschaft des Glaubens zum Himmelreich voraus.
In der Unbefleckten Empfängnis Marias sieht die Kirche, wie sich die heilbringende österliche Gnade in ihrem vornehmsten Glied vorzeichnet.
Im Ereignis der Menschwerdung trifft sie den Sohn und die Mutter untrennbar verbunden: „Er, der ihr Herr und ihr Haupt ist, und sie, ihre Bedingung als Braut und Mutter zeigt, indem sie das erste fiat des Neuen Bundes spricht“.

7. Dir gegenüber, Unbefleckte Jungfrau, die du von Gott über jedes andere Geschöpf gestellt bist als Anwältin der Gnade und Modell der Heiligkeit für sein Volk, Dir also vertraue ich heute in besonderer Weise erneut die ganze Kirche an.

Du seiest es, die deine Kinder auf der Pilgerschaft des Glaubens führt, indem du sie immer mehr treu und glaubend dem Wort Gottes gegenüber machst.

Du seiest es, die jeden Christen auf dem Weg der Umkehr und der Heiligkeit begleitet, im Kampf gegen die Sünde und in der Suche der wahren Schönheit, die immer ein Abdruck und ein Widerschein der göttlichen Schönheit ist.

Sei du es, die den Frieden und das Heil für alle Völker erreicht. Der ewige Vater, der dich zur unbefleckten Mutter des Erlösers erwählt hat, erneuere auch in unserer Zeit durch dich das Wunder seiner barmherzigen Liebe.

Amen."
(rv 08.12.04 sk)








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