Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., hat den Papst Ende
Juni "offiziös" um eine Rückgabe von zwei wichtigen Reliquien gebeten. Das geht aus
einem Kommuniqué des päpstlichen Einheitsrates hervor. Es schildert, wie es zu der
ungewöhnlichen Feier vom kommenden Samstag im Petersdom kommt - dabei will der Papst
die Reliquien der beiden östlichen Kirchenlehrer Gregor von Nazianz und Johannes Chrysostomos
persönlich an Bartholomaios zurückgeben. Die Reliquien waren 1204 im Umfeld eines
Kreuzzugs von Konstantinopel nach Rom gebracht worden. Nach Angaben des Einheitsrates
wiederholte Bartholomaios am 21. Juli schriftlich seine Bitte um eine Rückgabe der
Reliquien. Er regte an, Johannes Paul solle sie selbst Ende November in Istanbul übergeben.
Der Papst reagierte über einen Monat später, am 8. September, mit einem auf griechisch
geschriebenen Brief, der damals nicht bekannt wurde. Darin bedauert er, nicht nach
Istanbul reisen zu können, erklärt aber, die Reliquien der beiden Heiligen zurückgeben
zu wollen. Am 13. Oktober antwortete daraufhin Bartholomaios, er sei bereit, sie selbst
noch vor dem orthodoxen Andreasfest Ende November in Rom abzuholen. Das Kommuniqué
des Einheitsrates gibt einen ungewöhnlichen Einblick in den "kleinen Dienstweg" zwischen
Papst und Patriarch. Bei Bartholomaios Rombesuch Ende Juli hatte Johannes Paul den
orthodoxen Christen bereits eine Kirche am Forum Romanum für ihre Gottesdienste geschenkt. Bartholomaios
wird morgen mit einer achtköpfigen Delegation in Rom eintreffen und mit mehreren Kardinälen
Gespräche führen, darunter Kardinal Walter Kasper vom päpstlichen Einheitsrat. Am
Samstag wird der Papst ihm bei einer ökumenischen Feier im Petersdom die Reliquien
der zwei Heiligen, die bislang in der Petersbasilika aufbewahrt waren, übergeben.
Die Feier wird unter anderem von einem griechischen und von einem US-TV-Sender live
übertragen. Anschließend wird Kardinal Kasper, zusammen mit drei weiteren Kirchenleuten,
Bartholomaios in die Türkei zurückbegleiten und am Sonntag im Istanbuler Phanar an
den Andreasfeiern teilnehmen. An der Liturgie im Amtssitz des Ökumenischen Patriarchen
wollen auch Bischöfe verschiedener christlicher Kirchen teilnehmen, die der Fokolar-Bewegung
nahestehen. Sie halten derzeit eine Konferenz in Istanbul ab. (rv 25.11.04 sk)