Das israelische Militär ist am Donnerstag mit Waffengewalt in das Gelände der anglikanischen
Kathedrale von Jerusalem eingedrungen. Dort haben die SoldatenMordechai Vanunu, bekannt
als Israels Atomspion festgenommen. Manche Medien sprechen von der Festnahme in einem
Ost-Jerusalemer Hotel, wieder andere von der Festnahme vor einer Kirche. Der anglikanische
Bischof in Jerusalem und dem Mittleren Osten, Riah Abu El-Azel, berichtet über die
Vorgänge so: "Ich war in meinem Büro wie jeden Morgen in der Frühe, als mich
die Leute unseres Hauses für Gäste anriefen und mir erzählten, dass 30 bis 50 Leute,
viele von ihnen mit Maschinengewehren, in die Kathedrale eingedrungen waren. Ich versuchte
sie so schnell wie möglich zu erreichen. Ich sagte zu ihnen: Wer sind Sie? Was machen
Sie hier? Wir wollen keine Leute mit Waffen in unserer Kirche. Das ist einer der heiligen
Plätze dieser Stadt. Ums kurz zu machen: Sie sagten, wir holen Silberto Vanunu. Ich
fragte: Warum? Sie sagten: Er soll verhört werden. Ich sagte: Warum? Und sie: Er hat
jegliche Art von Sicherheitsdingen verraten. Und so nahmen sie Vanunu." Nach
einigen Verhören wurde Vanunu wieder zurück gebracht, aber mit der Auflage, das Gelände
der Kirche nicht zu verlassen. Der als Atomspion verurteilte Vanunu ist erst im April
nach 18jähriger Gefängniszeit befreit worden und lebte seitdem bei der anglikanischen
Gemeinde. Offiziell sind Verstöße gegen die Bewährungsauflagen - nämlich keinerlei
Äußerungen gegenüber der Öffentlichkeit die Begründung. Warum Vanunu nun festgenommen
wurde, ist nicht ganz nachvollziehbar. Es fällt aber auf, dass das geschah, während
die ganze Welt in Richtung des Begräbnisses von Jassir Arafat blickte: "Der
Mann hat mit 18 Jahren seines Lebens im Gefängnis bezahlt - für das, was er als Wahrheit
ansah. Er hat keine weitere Information mehr. Die ganze Welt weiß mittlerweile, dass
Israel Nuklearwaffen besitzt. Wenn Israel zusammen mit der internationalen Gemeinschaft
sich wirklich für einen Frieden einsetzen würde, bräuchte es keinerlei Waffen." (rv/afp/reuter/ap
13.11.04 lw)