Frankreich steht vor einem Kopftuchverbot. Eine von Präsident Jacques Chirac eingesetzte
Kommission setzt sich dafür ein, islamische Kopftücher oder Schleier sowie vergleichbare
religiöse Symbole per Gesetz aus den Schulen zu verbannen. Das Verbot würde Lehrern
und Schülern in öffentlichen Schulen auch das Tragen von größeren christlichen Kreuzen
verbieten. außerdem setzen sich die Experten für einen jüdischen und einen islamischen
staatlichen Feiertag ein. Der Bericht der Kommission, heute in Paris veröffentlicht,
widerspricht mit seinem Ruf nach Kopftuchverbot Vertretern der großen Religionen in
Frankreich. Die katholischen Bischöfe etwa halten nichts von einem solchen Gesetz,
das viele Moslems als gegen sich gerichtet interpretieren könnten; sie würden Streitfälle
lieber im Einzelfall lösen. Bischof Gérard Defois von Lille: "Das scheint uns völlig
überzogen, diese Frage mit einem förmlichen Gesetz lösen zu wollen. Allerdings rühren
wir hier an ein typisches Problem: Die Franzosen halten sich oft für die Garanten
der Freiheit von anderen. Sie glauben andere von Unterdrückung, also auch Frauen vom
Schleier befreien zu müssen." Bischof Defois kritisiert, wichtige religiöse Fragen
würden in Frankreich oft willkürlich, je nach der gerade herrschenden gesellschaftlichen
Stimmung, entschieden. Auch Pastor Jean-Arnolde Clermont vom französischen Protestanten-Verband
sagt: "Das Hauptproblem ist doch in Wirklichkeit die Integration der Kinder von Einwanderern
in der dritten, vierten Generation. Und die haben ganz andere Fragen als zum Kopftuch;
die fragen: Welche Rechte haben wir im Krankenhaus, im Schwimmbad, welche konkrete
Zukunft haben wir in der Gesellschaft? Wenn die Debatte über den Bericht von heute
hinausgehen könnte, hin zu Fragen der Integration, des Zusammenlebens in der Gesellschaft,
dann gäbe es einen Fortschritt."